09.04.2025
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwei Verfassungsbeschwerden von Online-Sportwettenveranstalterinnen nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Beschwerden, die sich gegen die Erhebung einer Sportwettensteuer in Höhe von fünf Prozent der Wetteinsätze auf Grundlage von § 17 Absatz 2 Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG) für Anmeldungszeiträume im Jahr 2012 richten, erachtete das BVerfG für unzulässig.
Bei den Beschwerdeführerinnen handelte es sich um Kapitalgesellschaften mit Sitz in Malta. Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 2253/23 (Beschwerdeführerin I) war an den von ihr veranstalteten Wetten selbst unmittelbar beteiligt; die im Verfahren 1 BvR 115/24 (Beschwerdeführerin II) bot Wetten in Form einer so genannten Wettbörse an. Die Spieler legten selbst die Wettquoten fest und eine Wette kam zustande, wenn auf beiden Seiten jeweils ein Spieler bereit war, die Wette zur jeweiligen Quote einzugehen. Aus erzielten Gewinnen erhielt die Beschwerdeführerin II eine Provision. Ende 2012 zog sie sich vom deutschen Markt zurück, weil sie annahm, die Wettbörse infolge der Besteuerung nicht mehr profitabel weiterbetreiben zu können.
Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und mittelbar gegen die Regelung des § 17 Absatz 2 RennwLottG. Sie machen geltend, es fehle an einer Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Außerdem hätte der BFH eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einholen müssen, weil eine gegen die Dienstleistungsfreiheit verstoßende Doppelbesteuerung vorliege, nachdem sie bereits in Malta eine Glücksspielabgabe zu entrichten hätten. Die Beschwerdeführerin II sieht zudem ihre Berufsfreiheit verletzt. Die nach dem Wetteinsatz berechneten Steuerforderungen hätten ihre Provisionen um ein Vielfaches überstiegen; sie habe die Steuer mit Rücksicht auf deren spezifisches Spielverhalten auch nicht auf ihre Kunden abwälzen können.
Das BVerfG hielt eine fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes für nicht hinreichend dargelegt. Soweit die Wettveranstalterinnen auf die Möglichkeit einer staatsvertraglichen Koordination der Länder verweisen, setzten sie sich jedenfalls nicht mit der Möglichkeit auseinander, dass ein Land im Nachhinein aus dem eine Bundesregelung verhindernden Konsens ausscheren könnte. Die Beschwerdeführerin I setze sich auch nicht differenziert nach in- und ausländischen Wettanbietern mit der Möglichkeit eines Steuerwettbewerbs und dessen Auswirkungen auf die Wirksamkeit des mit der Sportwettensteuer verfolgten Ziels der Eindämmung der Glücksspielsucht auseinander.
Die Beschwerdeführerinnen legten ebenfalls nicht ausreichend dar, dass der BFH willkürlich gegen seine Pflicht zur Vorlage an den EuGH verstoßen und dadurch das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt habe. Insbesondere setzen sie sich nicht ausreichend damit auseinander, dass der EuGH bereits 2020 in der parallelen Erhebung einer Glücksspielabgabe sowohl in Malta als auch in Italien keinen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit gesehen hatte.
Auch habe die Beschwerdeführerin II nicht ausreichend dargelegt, in ihrer Berufsfreiheit verletzt zu sein. Selbst wenn es sich beim Betrieb einer Wettbörse um einen eigenständigen Beruf und nicht lediglich um eine besondere Ausprägung der Tätigkeit als Wettanbieterin handelte und die Beschwerdeführerin II eine Wettbörse nicht mehr profitabel hätte weiterbetreiben können, gehe aus ihren Ausführungen nicht hervor, dass die in diesem Fall zu beachtenden strengeren Verhältnismäßigkeitsanforderungen nicht mehr gewahrt wären. Allein der Hinweis darauf, dass die Durchführung einer Wettbörse nicht mehr gewinnbringend möglich sei, genügt dem BVerfG insoweit nicht.
Die Beschwerdeführerin II habe schon nicht schlüssig dargelegt, dass die Eindämmung der Glücksspielsucht – die mit der angegriffenen Norm verfolgt werde – nicht als legitimer Regelungszweck anzusehen ist. Soweit sie als milderes Mittel die Zugrundelegung einer anderen Bemessungsgrundlage – insbesondere eine Besteuerung nach dem Bruttorohertrag der Wettbörse – anführt, gehe sie nicht ausreichend darauf ein, ob sich eine Eindämmung der Glücksspielsucht bei dann deutlich niedrigerer Steuerlast noch gleich effektiv erreichen ließe. Vermindert die indirekte Steuer den wirtschaftlichen Anreiz für bestimmte Teilnehmer, in umfangreichem Maße am Sportwettenmarkt teilzunehmen, werde die Tätigkeit des die Wetten Vermittelnden nicht final beeinträchtigt, sondern der eindämmende Effekt erreicht, der mit der Erhebung der Steuer verfolgt wird.
Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 27.02.2025, 1 BvR 2253/23 und 1 BvR 115/24