18.12.2024
Wer eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließt, ist regelmäßig verpflichtet, wahrheitsgemäß Auskunft über seine gesundheitliche Situation zu erteilen – insbesondere auf Nachfrage. Macht ein Versicherungsnehmer falsche Angaben, kann die Versicherung das im Einzelfall zu einer Anfechtung des Versicherungsvertrages berechtigen. Folge ist, dass der Anspruch auf die Versicherungsleistungen entfällt. Aber was geschieht, wenn die Versicherung den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung aufgrund der gesetzlich normierten Ausschlussfrist (§ 124 Absatz 3 BGB) nach zehn Jahren nicht mehr anfechten kann und der Versicherungsnehmer es genau darauf angelegt hat?
Eine solche Konstellation lag dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig in einem Berufungsverfahren zur Entscheidung vor: Ein Versicherungsnehmer hatte trotz ausdrücklicher Nachfrage der Versicherung wahrheitswidrig verschwiegen, dass er vor Vertragsschluss unter psychischen Problemen gelitten und sich in Behandlung begeben hatte. In den folgenden Jahren war er unter anderem aufgrund psychischer Erkrankungen immer wieder krankgeschrieben und schließlich berufsunfähig. Er meldete den Versicherungsfall jedoch erst drei Tage nach Ablauf der zehnjährigen Ausschlussfrist.
Den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Zahlung der Versicherungsleistungen hat das OLG – wie bereits das Landgericht Göttingen in erster Instanz – abgelehnt und die Berufung des Versicherungsnehmers ohne erneute mündliche Verhandlung zurückgewiesen.
Der Versicherung habe das Recht zugestanden, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Der Versicherungsnehmer habe seinen Gesundheitszustand "verschleiert" und bewusst wahrheitswidrig den Eindruck erweckt, dass keine gesundheitlichen Einschränkungen vorhanden seien.
Zwar könne die Versicherung den Vertrag aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr anfechten. Dennoch seien dem Versicherungsnehmer die Versicherungsleistungen zu versagen. Seinem Leistungsanspruch stehe hier der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Denn er habe unter Verstoß gegen Treu und Glauben den Versicherungsfall absichtlich nach Ablauf der Anfechtungsfrist gemeldet. Damit habe er die Ausübung des Anfechtungsrechts durch die Versicherung gezielt vereitelt.
Dies folgte für das OLG daraus, dass der Versicherungsnehmer bereits ein Jahr zuvor gewusst hatte, dass der Versicherungsfall eingetreten ist, diesen aber erst genau drei Tage nach Ablauf der Ausschlussfrist meldete. Bei einer anderen Berufsunfähigkeitsversicherung habe er dagegen sofort den Eintritt seiner Berufsunfähigkeit angezeigt. Damit habe er in besonders schwerem Maße gegen seine Pflicht verstoßen, auf die Interessen der Versicherung Rücksicht zu nehmen.
Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 23.10.2024 (IV ZR 229/23) die in diesem Verfahren eingereichte Beschwerde des Versicherungsnehmers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 11.10.2023, 11 U 316/21, rechtskräftig