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17.04.2024

Schwerbehinderter Arbeitnehmer: Hat im Rahmen einstweiliger Verfügung Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung

Ein schwerbehinderter Arbeitnehmer hat Anspruch auf die Durchführung einer stufenweisen Wiedereingliederung gegenüber seiner Arbeitgeberin und kann diesen auch im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens durchsetzen. Dies hat das Arbeitsgericht (ArbG) Aachen im einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden.

Der schwerbehinderte Arbeitnehmer ist seit September 1988 bei der Arbeitgeberin – einem Unternehmen, das Bauelemente herstellt und vertreibt – als Verkaufs- und Vertriebsleiter tätig. Er ist wegen eines Hirntumors seit April 2023 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bis zum 10.04.2024 fahruntüchtig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird nach Erreichen der Regelaltersgrenze des Arbeitnehmers Ende Oktober 2024 enden.

Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte der Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin, ihn ab Mitte März 2024 entsprechend einem ärztlichen Wiedereingliederungsplan nach dem Hamburger Modell zu beschäftigen, um zeitnah an seinen Arbeitsplatz zurückkehren zu können.

Das ArbG gab dem Antrag statt. Die Arbeitgeberin sei verpflichtet, an der stufenweisen Wiedereingliederung mitzuwirken. Dem stehe die fehlende Fahrtüchtigkeit des Arbeitnehmers nicht entgegen. Dieser könne während der Fahruntüchtigkeit zu Beginn der Wiedereingliederung zunächst seinem Aufgabenprofil entsprechende Büroarbeiten erledigen.

Die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung besondere Eilbedürftigkeit ergab sich nach Auffassung des ArbG daraus, dass der schwerbehinderte Arbeitnehmer auf die zeitnahe Wiedereingliederung angewiesen sei. Demgegenüber würde eine Versagung der Wiedereingliederung seinen Teilhabeanspruch am Erwerbsleben aus § 164 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch IX vereiteln oder jedenfalls erheblich erschweren. Auch der nahe Renteneintritt des Arbeitnehmers ändert nach Ansicht des ArbG nichts am Eilbedürfnis.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 12.03.2024, 2 Ga 6/24, nicht rechtskräftig