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30.03.2023

Asyleinrichtungen: Kein Zugang einer Nichtregierungsorganisation ohne vorherige Mandatierung

Eine Nichtregierungsorganisation, die Asylverfahrensberatung durchführt, hat keinen Anspruch auf Zugang ihres Beratungspersonals und Zufahrt eines als Beratungsraum genutzten Busses zu Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende, um dort eine nicht zuvor angefragte Asylverfahrensberatung anzubieten. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden.

Der Kläger begehrt für seinen "Infobus für Flüchtlinge" und seine Mitarbeiter die Zufahrt und den Zugang zu den oberbayerischen Aufnahmeeinrichtungen des beklagten Freistaats Bayern, um Asylsuchende zu beraten. Der Beklagte hat im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht klargestellt, dass er den beratenden Personen den Zugang nicht verweigere, soweit diese ähnlich einem "mandatierten Rechtsanwalt" konkret von einem Asylsuchenden zur Beratung angefragt worden seien. Die hinsichtlich eines unmandatierten Zugangs und der Buszufahrt fortgeführte Klage hatte in erster Instanz teilweise Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat sie hingegen insgesamt abgewiesen. Der Beklagte habe den anlasslosen Zugang des Beratungspersonals und die Zufahrt mit dem Infobus rechtsfehlerfrei versagt. Dem stimmt auch das BVerwG zu.

Der geltend gemachte Zugangsanspruch bestehe weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht. Der nach Ergehen des Berufungsurteils zum 01.01.2023 neugefasste § 12a Asylgesetz (AsylG) sehe zwar nunmehr eine behördenunabhängige, staatlich geförderte Asylverfahrensberatung vor. Er umfasse indes auch aktuell jedenfalls keinen von vorheriger Mandatierung unabhängigen Anspruch von Trägern der Asylverfahrensberatung auf Zugang zu Aufnahmeeinrichtungen. Einen solchen Anspruch könne der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des VGH nicht aus einer bisherigen Verwaltungspraxis in Verbindung mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes oder aus dem Gebot der Gleichbehandlung mit anderen zugangsberechtigten Organisationen herleiten.

Unionsrechtlich gewährten weder die Asylverfahrensrichtlinie noch Artikel 18 Absatz 2 Buchst. c der Aufnahmerichtlinie Rechtsberatern und entsprechenden Nichtregierungsorganisationen einen Anspruch auf Zugang zu Aufnahmeeinrichtungen ohne vorherige Beauftragung durch einen Asylsuchenden. Der nach der letztgenannten Regelung sicherzustellende Zugang von Rechtsbeiständen oder Beratern und einschlägig tätigen nationalen und internationalen Organisationen, setze nach Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Norm den zuvor durch einen bestimmten Asylsuchenden geäußerten Beratungswunsch voraus. Die effektive Wahrnehmung der Beratungsmöglichkeit werde dadurch nicht unangemessen erschwert, so das BVerwG.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über sein Zugangsbegehren. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten, der die Zugangspraxis unter andere mit dem Ruhebedürfnis und den Sicherheitsinteressen der in einer Aufnahmeeinrichtung untergebrachten Asylsuchenden begründet hat, weist laut BVerwG keinen Ermessensfehler auf.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.03.2023, BVerwG 1 C 40.21