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01.02.2023

Verbraucherschützer mit Klage teilweise erfolgreich: Keine irreführende Werbung mit angeblicher BGH-Rechtsprechung

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat der DIPAT GmbH untersagt, mit einer fingierten Aussage des Bundesgerichtshofes (BGH) über die angebliche Nutzlosigkeit der meisten Patientenverfügungen für seinen Onlineservice zu werben. Damit gaben die Richter einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) statt, wie dieser selbst meldet. Außerdem habe das Gericht drei von sechs Vertragsklauseln verboten, die der vzbv als unzulässig beanstandet hatte.

DIPAT habe für seinen Onlineservice zur Erstellung individueller Patientenverfügungen mit einer vermeintlichen Aussage BGH geworben. "Ärzte wissen seit Langem, was der Bundesgerichtshof im Juli 2016 bestätigte: Die meisten Patientenverfügungen sind nutzlos. Denn über 90 Prozent aller Verfügungen sind medizinisch zu ungenau oder veraltet." Eine Patientenverfügung von DIPAT gebe dagegen "einzigartige Sicherheit".

Das OLG Dresden untersagte dem Unternehmen laut vzbv die Werbeaussage. Denn diese sei irreführend. In dem BGH-Beschluss, auf den sich das Unternehmen in der Werbung bezog, sei es um einen Einzelfall gegangen. Die Richter hätten sich gar nicht über die "meisten Patientenverfügungen" und deren Nutzen geäußert.

Das OLG Dresden verbot dem beklagten Unternehmen laut vzbv außerdem drei von sechs Vertragsklauseln, die der Verband als unzulässig beanstandet hatte. Unter anderem habe DIPAT jede Haftung für einen Missbrauch von Kundeninformationen durch Dritte ausgeschlossen. Der vollständige Haftungsausschluss gehe nach Auffassung des OLG deutlich zu weit. Denn damit wäre das Unternehmen selbst dann nicht haftbar, wenn es keinerlei geeignete Vorrichtungen für die Sicherheit des eigenen Rechnersystems trifft und dadurch einen Datenmissbrauch mitverschuldet.

Als unzulässig hätten die Richter auch eine Klausel gewertet, nach der das Unternehmen nicht gewährleistet, dass seine Dienste jederzeit ununterbrochen genutzt und erreicht werden können. Die Klausel stehe in diametralem Gegensatz zur Werbung mit einer "garantierten Online-Abrufbarkeit rund um die Uhr" und schließe die Haftung selbst bei grobem Verschulden und monatelangen Ausfällen oder Einschränkungen aus. Darüber hinaus habe das OLG eine Klausel moniert, nach der das Unternehmen Profildaten des Kunden nach zwölf Monaten einseitig löschen darf.

Die Klage des vzbv habe allerdings nur teilweise Erfolg gehabt. Das Unternehmen dürfe weiterhin damit werben, die von ihm erstellten Patientenverfügungen seien "im Ernstfall tatsächlich wirksam", so der vzbv. Er habe die Werbung vergeblich als irreführend kritisiert, weil die pauschale Zusage einer wirksamen Patientenverfügung gar nicht möglich sei. Das OLG Dresden habe in diesem Punkt entschieden, dass Verbrauchern bewusst sei, dass im Einzelfall ausnahmsweise eine Patientenverfügung aus den verschiedensten Gründen nicht wirksam sein könne.

Das OLG lehnte nach Angaben des vzbv außerdem seine Anträge auf Untersagung von drei Klauseln in den Geschäftsbedingungen als unbegründet ab, die der Verband unter anderem als nicht ausreichend verständlich kritisiert hatte.

Verbraucherzentrale Bundesverband, PM vom 27.01.2023 zu Oberlandesgericht Dresden, Urteil vom 04.11.2022, 14 U 2095/20