24.02.2025
Corona-Pandemie: Wirksamkeit bayerischer Einreise-Quarantäneverordnung offen
Ist § 1 der bayerischen Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 05.11.2020 (EQV) unwirksam oder nicht? Darüber muss der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) noch einmal entscheiden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) seine diesbezügliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen hat.
Nach § 1 Absatz 1 EQV waren Personen, die in den Freistaat Bayern einreisten und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten hatten, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung zu begeben und sich nach ihrer Einreise für zehn Tage ständig dort abzusondern. Risikogebiet war nach § 1 Absatz 5 EQV ein Staat oder eine Region außerhalb Deutschlands, für den oder die zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus bestand. Maßgeblich war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) über die Einstufung als Risikogebiet. Die Antragsteller hielten sich vom 04. bis 10.01.2021 in Dubai auf, das in jenem Zeitraum als Risikogebiet eingestuft war.
Der BayVGH hat mit Urteil vom 02.08.2023 festgestellt, dass § 1 EQV unwirksam gewesen sei. Die Norm habe nicht auf die Ermächtigung zur Regelung von Absonderungen in §§ 32, 30 Absatz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gestützt werden können. Die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet gewesen, den von der Ermächtigungsgrundlage vorausgesetzten Ansteckungsverdacht zu begründen.
Der Antragsgegner habe auch keine hinreichenden Tatsachen benennen können, die die Annahme eines tatsächlichen Ansteckungsverdachts hätten rechtfertigen können. Auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Absatz 1 Satz 1 IfSG habe die Verordnung nicht gestützt werden können, weil deren Anwendung durch die spezielle Regelung von Absonderungen in § 30 Absatz 1 Satz 2 IfSG ausgeschlossen sei. Zudem habe der Verweis in § 1 Absatz 5 Satz 2 EQV auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Die Bundesbehörden hätten nicht über die erforderliche Befugnis zur Feststellung von Risikogebieten verfügt.
Auf die Revision des Freistaats Bayern hat das BVerwG das Urteil aufgehoben. Der BayVGH sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Verordnung nicht auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gestützt werden konnte. Absonderungen dürften gemäß § 30 Absatz 1 Satz 2 IfSG nur gegenüber Personen angeordnet werden, die mindestens ansteckungsverdächtig sind; § 1 Absatz 1 EQV habe Einreisende aus Risikogebieten zu einer Absonderung im Sinne dieser Vorschrift verpflichtet.
Das Urteil verletzt laut BVerwG jedoch Bundesrecht, indem es nicht in Betracht ziehe, dass die tatsächlichen Umstände, die zur Einstufung eines Gebiets als Risikogebiet führten, in der damaligen Infektions- und Kenntnislage den erforderlichen generellen Ansteckungsverdacht begründen konnten. Der Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet in § 1 Absatz 5 Satz 2 EQV sei mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar gewesen. Eine über die Verordnungsermächtigung hinausgehende gesetzliche Grundlage sei hierfür nicht erforderlich gewesen.
Mangels tatsächlicher Feststellungen konnte das BVerwG eigenen Angaben zufolge nicht in der Sache selbst entscheiden. Deswegen habe es das Verfahren an den BayVGH zurückverwiesen.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 10.02.2025, BVerwG 3 CN 5.23