11.02.2025
Steuerlast deutscher Unternehmen: Im internationalen Vergleich zu hoch
Die Steuerlast deutscher Unternehmen ist im internationalen Vergleich zu hoch. Das meint die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK). Während die steuerlichen Rahmenbedingungen in Staaten wie den USA oder Österreich sukzessive verbessert worden seien, bestehe in Deutschland seit geraumer Zeit ein erheblicher Reformbedarf.
Aus Sicht der Wirtschaft sollte deshalb die Steuerbelastung auf Gewinne von zurzeit circa 30 Prozent auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent sinken. Denn die Steuerbelastung der Unternehmen liege im Durchschnitt der OECD-Länder bei 23,6 Prozent; in den EU-Staaten seien es sogar nur 21,1 Prozent.
Ein erster Schritt wäre aus Sicht der DIHK die komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags (Soli). Das derzeitige Soli-Aufkommen von rund zwölf Milliarden Euro trügen über die Einkommen- und die Körperschaftsteuer überwiegend Unternehmen. Ein solcher Schritt würde die deutsche Wirtschaft daher erheblich entlasten und eine Gerechtigkeitslücke schließen.
Darüber hinaus sollte der Körperschaftsteuersatz schrittweise auf zehn Prozent verringert werden. Auch eine Anrechnung der Gewerbesteuer im Rahmen der Körperschaftsteuer wäre ein positives Element, meint die DIHK. Bei der Einkommensteuer, der zentralen Steuer für die Erträge von Personengesellschaften, Einzelunternehmen und Selbstständigen, hält sie eine Anpassung des Tarifs für angezeigt. Zusammen mit einer Senkung des Steuersatzes für einbehaltene Gewinne von derzeit 28,25 auf 25 Prozent würde dies Personengesellschaften erheblich entlasten. Eine konsequentere Anrechnung der Gewerbesteuer wäre ein weiteres wichtiges Element. Letztere sollte mittelfristig durch ein alternatives kommunales Steuersystem ersetzt werden, das auch eine mit Hebesatzrecht für die Gemeinden ausgestattete kommunale Unternehmensteuer beinhaltet.
Verbesserte steuerliche Abschreibungen wirkten sich besonders positiv auf Investitionen und Beschäftigung aus, so die DIHK unter Verweis auf eine Studie des ifo-Instituts. Hier gebe es gleich mehrere Stellschrauben: Die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA), die Ende 2025 ausläuft, sollte dauerhaft eingeführt und die Wertgrenze für Anschaffungen von so genannten geringwertigen Wirtschaftsgütern von derzeit 800 deutlich auf mindestens 5.000 Euro angehoben werden. Auf mittlere Sicht hält es die DIHK für wichtig, die vom Bundesfinanzministerium geführten AfA-Tabellen deutlich zu vereinfachen, besser noch durch einfachere Verfahren zu ersetzen. Genauso konsequent, wie Gewinne besteuert werden sollten, sollte der Fiskus Verluste bei der steuerlichen Bemessungsgrundlagen berücksichtigen. Deshalb gelte es, bestehende Beschränkungen bei einem Vor- oder Rücktrag von Verlusten vollständig zu beseitigen.
Für deutsche Unternehmen – Konzerne ebenso wie den breiten Mittelstand – sei es selbstverständlich, im Ausland aktiv zu sein und dort zu investieren, fährt die DIHK fort. Das deutsche Steuerrecht behindere jedoch an vielen Stellen das Engagement auf ausländischen Märkten. Deshalb sollte insbesondere die deutsche Wegzugsbesteuerung reformiert werden. Ziel dieser Besteuerung sei es, den in Deutschland entstandenen Wertzuwachs von Anteilen an Kapitalgesellschaften (so genannte stille Reserven) im Fall eines Wegzugs des Anteilseigners zu besteuern. Besser wäre es, wenn eine unmittelbare Besteuerung von stillen Reserven erst dann erfolgt, wenn die Steuerbasis tatsächlich das Land verlässt und eine Situation droht, in der Deutschland dauerhaft Steuereinnahmen entgehen.
Zudem bestünden bei einer Reihe von zuletzt eingeführten steuerlichen Belastungen Überschneidungen, in deren Folge Unternehmensgewinne doppelt besteuert würden. Als Beispiel für solche Überschneidungen nennt die DIHK die aus dem internationalen BEPS-Prozess zur Verhinderung von Steuervermeidung ("Base Erosion and Profit Shifting") hervorgegangenen Anti-Missbrauchsvorschriften mit den zuletzt eingeführten Regeln zur Mindestbesteuerung.
Eine weitere Bürde: Das deutsche Steuerrecht beinhaltet vielfältige Mitteilungs-, Melde- und Dokumentationsanforderungen für Unternehmen. Durch eine erhebliche Verringerung hätten Betriebe mehr Zeit und Ressourcen für das eigentliche operative Geschäft. Mit den auf EU-Recht basierenden Verpflichtungen, zum Beispiel den verschiedenen Richtlinien über die Verwaltungszusammenarbeit der Mitgliedstaaten oder den erwähnten Anti-Missbrauchsvorschriften, sollte eigentlich in erster Linie ein harmonisierter europäischer Rechtsrahmen geschaffen werden.
Ziel müsse es sein, so die DIHK, den Bedürfnissen der EU-Länder nach gegenseitiger Amtshilfe im Steuerbereich und nach einer sicheren Verwaltungszusammenarbeit zwischen ihren nationalen Steuerbehörden Rechnung zu tragen. Hierfür sollte die Bundesregierung in Brüssel aktiv werden und sich mit der neuen EU-Kommission dafür einsetzen, alle EU-Richtlinien zu evaluieren und die bürokratischen Belastungen auf ein praxistaugliches Maß zu senken.
Auch die nationalen Steuererhebungsverfahren gelte es deutlich zu "entrümpeln". Als Beispiele nennt die DIHK die Anforderungen an elektronische Kassensysteme und die in den "Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form" (GoBD) geregelten Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten. Zudem bestünden zahlreiche Möglichkeiten, die Rechts- und Planungssicherheit für Unternehmen zu erhöhen: etwa durch mehr Tempo bei verbindlichen Auskünften der Finanzverwaltungen oder durch eine schnellere Durchführung von Betriebsprüfungen. Gerade der zunehmende Einsatz von IT-Technologien und Risikomanagementsystemen müsste hier Vereinfachungen für Finanzverwaltung ebenso wie für Unternehmen bringen.
Ein wettbewerbsfähiges Steuersystem sei eines der wichtigsten Elemente guter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und damit Voraussetzung für zukünftiges Wachstum. Das aber sei die sichere Basis für die Steuereinnahmen des Staates, so die DIHK abschließend.
Deutsche Industrie- und Handelskammer, PM vom 10.02.2025