06.02.2025
Versäumte Frist: Anwältin haftet nicht für aussichtslose Berufung
Wenn die Berufung ohnehin aussichtslos gewesen wäre, haftet eine Anwältin nicht dafür, dass sie das Rechtsmittel zu spät eingelegt hat. Auf ein entsprechendes Urteil des Landgerichts (LG) Karlsruhe weist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hin.
Ein Mandant verlangte von seiner Anwältin Schadensersatz wegen fehlerhafter Prozessführung vor den Sozialgerichten. In dem Streit um eine ungekürzte Rente unterlag der Mandant in erster Instanz. Er beauftragte seine Anwältin mit der Einlegung der Berufung, doch diese verpasste die Berufungsfrist. Eine Wiedereinsetzung lehnte das Berufungsgericht ab und verwarf die Berufung als unzulässig. Die Anwältin machte geltend, ihr Versäumnis sei nicht kausal für den eingetretenen Schaden geworden.
Wie die BRAK weiter ausführt, gab das LG Karlsruhe der Anwältin recht. Bei rechtzeitig eingelegtem Rechtsmittel hätte es – auch unter Beachtung der Besonderheiten eines sozialgerichtlichen Berufungsverfahrens als zweiter Tatsacheninstanz – keine Aussicht auf Erfolg gehabt.
Im Zuge dieser Entscheidung habe das LG noch einmal die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Anwaltshaftung erläutert: Das Regressgericht habe im Rahmen der Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Schaden selbst zu prüfen, wie das andere Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Dabei sei der Sachverhalt zugrunde zu legen, den der Rechtsanwalt dem Gericht des Vorverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten unterbreitet hätte. Die Beweislastregeln des Vorprozesses gälten auch für den Regressprozess. Für den Regressanspruch müsse der Mandant außer dem Pflichtverstoß nur voll beweisen, in eigenen Interessen so betroffen zu sein, dass nachteilige Folgen eintreten könnten. Im Hinblick auf den eigentlichen Eintritt des Schadens und dessen Höhe müsse sich der Tatrichter mit einer deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit begnügen.
Bundesrechtsanwaltskammer, PM vom 06.02.2025 zu Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.08.2024, 6 O 202/23