07.02.2024
Zweite geringfügige Tätigkeit: Ist voll versicherungspflichtig
Praxisinhaber tragen die Verantwortung für die richtige sozialversicherungsrechtliche Meldung von Beschäftigten. Dies stellt das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen klar.
Die Klägerin betreibt eine hausärztliche Gemeinschaftspraxis. Die Beigeladene war von April bis Oktober 2023 bei ihr als medizinische Fachangestellte beschäftigt (durchschnittlich zwei Stunden pro Woche, rund 80 Euro pro Monat). Nach dem Arbeitsvertrag übte sie bei Aufnahme ihrer Beschäftigung bei der Klägerin bereits zwei sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigungen und eine weitere geringfügige Beschäftigung aus.
Im streitigen Zeitraum entrichtete die Klägerin für die Beigeladene Pauschalbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung. Nach einer Betriebsprüfung erhob die beklagte Rentenversicherung Beiträge zur Sozialversicherung nach (gut 900 Euro). Pauschalbeiträge seien nur für die erste geringfügige Beschäftigung zu entrichten. Die hier zu beurteilende zweite sei in vollem Umfang versicherungspflichtig. Dagegen wehrte sich die Klägerin vergeblich vor dem Sozialgericht Dortmund.
Dessen Urteil hat das LSG nun bestätigt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Wenn ein Beschäftigter neben seiner versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung mehrere geringfügige Nebenbeschäftigungen ausübe, sei nach § 8 Absatz 2 S. 1 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) nur eine (einzige) dieser Tätigkeiten vom Zusammenrechnungsgebot ausgenommen. Als diese eine zusammenrechnungsfreie Tätigkeit habe die Beklagte zutreffend diejenige angesehen, die zeitlich vor der streitigen Tätigkeit bei der Klägerin begonnen worden sei.
Die rechtlich fehlerhafte Beurteilung des ihm bekannten Sachverhalts sei einer dem Arbeitgeber unverschuldeten, schutzwürdigen Unkenntnis einer bereits ausgeübten geringfügigen Nebenbeschäftigung nicht gleichzusetzen, so das LSG. Die (richtige) sozialversicherungsrechtliche Meldung von Beschäftigten liege grundsätzlich im Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Etwaige Fehlbeurteilungen beziehungsweise Irrtümer seien auf den Eintritt der gesetzlich angeordneten Versicherungs- und Beitragspflichten ohne Einfluss.
Schwierigkeiten bei der (rechtlich) zutreffenden Meldung sei durch die Einholung von Informationen bei sachkundigen Personen und Stellen zu begegnen. Nahe liege insbesondere, eine förmliche Entscheidung der Einzugsstelle (§ 28i S. 5 SGB IV) zu beantragen.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.10.2023, L 8 BA 194/21