05.12.2023
Besonderes Kirchgeld: Festsetzung auch bei eigenen Einkünften des kirchenangehörigen Ehegatten rechtens
Ein besonderes Kirchgeld darf auch dann festgesetzt werden, wenn der kirchenangehörige Ehegatte eigene Einkünfte erzielt. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster im Fall einer Frau entschieden, die im Streitjahr ganzjährig einer Evangelischen Kirchengemeinde angehörte, während ihr Ehemann im Streitjahr keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehörte.
Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes, das bei eigenen Einkünften des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten unter Anknüpfung an die gemeinsamen Einkünfte beider Ehegatten wie eine Mindestkirchensteuer wirkt, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, entschied das FG.
Religionsgemeinschaften sei es im Rahmen ihres Besteuerungsrechts nicht verwehrt, für die Erhebung der Kirchensteuer neben dem Einkommen andere, nach eigenen Kriterien gestaltete Besteuerungsmaßstäbe heranzuziehen. Der ihnen dabei eröffnete Gestaltungsspielraum sei weit. Er erlaube es den Religionsgemeinschaften, die Kirchensteuer entweder als Zuschlag zur Einkommensteuer oder als besonderes Kirchgeld von Kirchensteuerpflichtigen, deren Ehegatte keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehört, als eigenständige Steuer zu erheben.
Dagegen, dass sich das besondere Kirchgeld am Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten orientiert und dieser Aufwand nach dem gemeinsamen Einkommen der Ehegatten bemessen wird, sei verfassungsrechtlich nichts einzuwenden.
Das gemeinsame Einkommen diene nämlich deshalb als Anknüpfungspunkt, weil der tatsächliche Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten schwierig, wenn nicht sogar gar nicht zu ermitteln sei, argumentiert das FG. Die Messung der Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehegatten am gemeinsamen Einkommen stelle mithin eine Typisierung dar. Es werde die eigene Leistungsfähigkeit des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten typisiert erfasst. Der historische Gesetzgeber habe den sachlichen Grund für diesen Anknüpfungspunkt im Unterhaltsrecht gesehen. Das sei nicht zu bestanden gewesen und trage bis heute.
Dass auf diese Weise mittelbar auch das Einkommen des konfessionslosen Ehegatten in die Kirchensteuerbemessung mit einbezogen wird, sei der Anknüpfung an den Lebensführungsaufwand als eigenständigem Besteuerungsmaßstab immanent, mache aber aus dem gewählten Anknüpfungspunkt keine (unzulässige) Haushaltsbesteuerung.
Dies gelte auch für die Konstellation, dass die Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehegatten für die Bemessung des besonderen Kirchgeldes auch dann am Einkommen beider Ehegatten gemessen wird, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt. Denn die Erhebung der Kircheneinkommensteuer am Maßstab der staatlichen Einkommensteuer führe sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten aufgrund von Freibetragsregelungen unter anderem im Einkommensteuergesetz zu dessen Kirchensteuerfreiheit. Daher könne der Lebensführungsaufwand – quantifiziert anhand der Ausgangsgröße des gemeinsamen Einkommens der Eheleute – sowohl bei fehlendem als auch bei geringem Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten in verfassungsrechtlich zulässiger Weise als Maßstab für die Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes gewählt werden. Es gehe stets um die Erfassung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit losgelöst vom Einkommen des kirchenangehörigen Ehegatten.
Es sei zudem auch gleichheitsrechtlich nicht problematisch, dass die Klägerin im Vergleich zu nicht-verheirateten Steuerpflichtigen mit gleichem Einkommen eine höhere Kirchensteuer zu entrichten hat. Denn es stehe jedem Ehegatten frei, die Einzelveranlagung zu wählen. In diesem Fall wäre die Kirchensteuer allein nach dem selbst erwirtschafteten Einkommen ermittelt worden, betont das FG. Der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet, der Klägerin und ihrem Ehemann einerseits die Vorteile aus der Zusammenveranlagung der Einkommensteuer zu gewähren und andererseits hinsichtlich der Kirchensteuer die Vorteile zu gewähren, die sich für sie bei einer Einzelveranlagung ergeben würden.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 09.12.2022, 4 K 527/21 Ki