24.11.2023
Sturz bei Radtour: Ist kein Arbeitsunfall
Ein Sturz bei einer sonntäglichen Radtour, bei der der Verunfallte einen langjährigen Bekannten als zukünftigen Mitarbeiter gewinnen will, ist dennoch nicht als Arbeitsunfall zu qualifizieren. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden.
Der Kläger ist selbstständiger Versicherungsmakler. Er war auf dem Rückweg von einer Radtour gestürzt und hatte sich den Unterschenkel gebrochen. Die Radtour fand an einem Sonntag statt. R., ein langjähriger Bekannter, fuhr mit. Während der Radtour grillten die beiden an einem Grillplatz und besuchten danach die Eltern des Klägers. Danach fuhren beide getrennt nach Hause. Auf dem Heimweg stürzte der Kläger dann.
Gegenüber seiner gesetzlichen Unfallversicherung, der Beklagten, teilte der Kläger mit, er habe R. als zukünftigen Mitarbeiter beziehungsweise Geschäftspartner für den Vertrieb und die Kundenbetreuung gewinnen wollen. Weil beide gern Sport machten und das Wetter schön gewesen sei, habe man sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei Geschäftliches zu besprechen. Der Besuch bei seinen Eltern habe der Demonstration eines Kundengesprächs gedient. Dies seien vorbereitende Tätigkeiten für ein Arbeitsverhältnis gewesen, das aber nach dem Unfall nicht zustande gekommen sei. R. bestätigte die Angaben des Klägers.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da die unfallverursachende Tätigkeit keinen ausreichenden Zusammenhang zu betrieblichen Interessen beziehungsweise zur Tätigkeit als Unternehmer aufgewiesen habe.
Die Klage blieb in erster und zweiter Instanz erfolglos. Die Radtour habe, so das LSG, eine so genannte Verrichtung mit gemischter Motivationslage dargestellt. Sie habe sowohl gemeinsamen privaten Interessen (Radtouren fahren) als auch – allerdings insoweit untergeordnet beziehungsweise nachrangig – betrieblichen Interessen dienen sollen (gegenseitiges Kennenlernen, Beobachten des Verhaltens bei Kundengesprächen). Dies ergebe sich etwa aus der Schilderung des Klägers, man "habe sich zu einer Radtour verabredet, um nebenbei (sic) Geschäftliches zu besprechen".
Eine Verrichtung mit gemischter Motivationslage erfülle dann den Tatbestand der versicherten Tätigkeit, wenn das konkrete Geschehen hypothetisch auch ohne die private Motivation des Handelns vorgenommen worden wäre. Dies verneint das LSG vorliegend. Denn ohne das gemeinsame private Interesse am Radfahren hätten der Kläger und R. ihr Kennenlernen nicht im Rahmen einer Fahrradtour durchgeführt und es wäre insofern auch nicht zu dem unfallverursachenden Unfall des Klägers auf dem Heimweg von dieser Radtour gekommen.
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 13.09.2023, L 8 U 1620/22