10.11.2023
Steuervorbescheide Irlands gegenüber Apple: EuG muss noch einmal entscheiden
Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) über die Steuervorbescheide (tax rulings) Irlands gegenüber Apple ist aufzuheben. Dies jedenfalls meint der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Giovanni Pitruzzella.
Durch ein "tax ruling" können Unternehmen bei der Steuerverwaltung einen Vorbescheid über die bei ihnen anzuwendende steuerliche Behandlung erhalten. 1991 und 2007 erließ Irland zwei "tax rulings" in Bezug auf zwei Gesellschaften des Apple-Konzerns (Apple Sales International – ASI und Apple Operations Europe –AOE), die nach irischem Recht gegründet worden waren, jedoch nicht in Irland steueransässig sind. Mit den "tax rulings" wurde die Methode gebilligt, die ASI und AOE zur Bestimmung der in Irland aus der Tätigkeit ihrer irischen Zweigniederlassungen zu versteuernden Gewinne vorgeschlagen hatten.
2016 kam die Europäische Kommission zu dem Ergebnis, dass die "tax rulings" dadurch, dass sie von dem zu versteuernden Ergebnis die Gewinne aus der Nutzung der von ASI und AOE gehaltenen Lizenzen des geistigen Eigentums ausgeschlossen hätten, diesen Gesellschaften zwischen 1991 und 2014 eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe gewährt hätten, die dem Apple-Konzern als Ganzes zugutegekommen sei, und ordnete gegenüber Irland deren Rückforderung an. 2020 hat das EuG auf eine von ASI und AOE erhobene Klage hin den Beschluss der Kommission für nichtig erklärt, da die Kommission nicht dargetan habe, dass ein Vorteil vorliege, der sich aus dem Erlass der "tax rulings" ergebe (Urteil vom 15.07.2020, T-778/16 und T-892/16).
Die Kommission beantragt beim EuGH die Aufhebung des Urteils des EuG. In seinen Schlussanträgen schlägt Generalanwalt Giovanni Pitruzzella dem Gerichtshof vor, das Urteil aufzuheben und den Fall an das Gericht zur erneuten Entscheidung in der Sache zurückzuverweisen. Nach Ansicht des Generalanwalts sind dem EuG eine Reihe von Rechtsfehlern insoweit unterlaufen, als es befunden habe, dass die Kommission nicht hinreichend dargetan habe, dass die von ASI und AOE gehaltenen Lizenzen des geistigen Eigentums und die zugehörigen Gewinne, die durch den Verkauf von Apple-Produkten außerhalb der USA erzielt worden seien, zu steuerlichen Zwecken den irischen Zweigniederlassungen zugewiesen werden müssten. Ferner habe das Gericht das Vorliegen und die Folgen einiger methodischer Fehler, die die "tax rulings" dem Beschluss der Kommission zufolge aufgewiesen haben, unzutreffend gewürdigt. Daher sei eine erneute Würdigung durch das EuG erforderlich.
Generalanwalt am Gerichtshof der Europäischen Union, Schlussanträge vom 09.11.2023, C-465/20 P