31.10.2023
Grundsteuer: Schätzungsbescheide ohne Bemessungsgrundlage rechtswidrig
Nachdem dem Bund der Steuerzahler (BdSt) Nordrhein-Westfalen die ersten Schätzungsbescheide über die Grundsteuerwertermittlung vorliegen, kritisiert er das Vorgehen der Finanzverwaltung. Diese dürfe zwar grundsätzlich schätzen, wenn der Steuerzahler seinen Erklärungspflichten nicht nachkommt. Allerdings fehlten in den dem BdSt vorliegenden Schätzungsbescheiden sämtliche Hinweise oder Bemessungsgrundlagen. Dieses Schätzungsbescheide seien rechtswidrig und sollten auf jeden Fall mit dem Einspruch angefochten werden, rät der Steuerzahlerbund.
In den dem BdSt Nordrhein-Westfalen vorliegenden Bescheiden werde ausschließlich ein Grundsteuerwert, der als gesondert ermittelter Grundsteuerwert bezeichnet wird, ausgewiesen. Sämtliche Hinweise oder Bemessungsgrundlagen, wie dieser Wert ermittelt wurde, fehlten – und dies, obwohl in den Erläuterungen zum Bescheid darauf hingewiesen werde, dass die Lage des Grundstückes und die Grundstücksart berücksichtigt wurde. Zumindest hätte man deshalb erwarten können, meint der BdSt, dass der Bodenwert berechnet wurde, da die Finanzverwaltung über ihr eigenes Grundsteuerportal den Bodenrichtwert und die Größe des Grundstückes kennt.
Diese Schätzungsbescheide seien rechtswidrig und sollten per Einspruch angefochten werden, rät der BdSt. Zu prüfen sei bei den geschätzten Grundsteuerwertbescheiden auch, ob diese nichtig sind. Nach § 125 Absatz 1 Abgabenordnung sei ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies zudem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein schwerwiegender Fehler in diesem Sinne liege vor, wenn bei einem Grundsteuerwertbescheid die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzt wurden, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen.
Laut BdSt Nordrhein-Westfalen kann ein schwerwiegender Fehler vorliegen, wenn das Finanzamt überhaupt keine Anstrengungen unternommen hat, um eine zutreffende Schätzung vorzunehmen, und die Finanzbehörde willkürlich die Bemessungsgrundlage festgesetzt hat. Zudem könne eine Nichtigkeit vorliegen, wenn das Schätzungsergebnis trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und die Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und gegebenenfalls welche Schätzungserwägungen angestellt wurden.
Besonders ärgerlich sei eine Schätzung für den Grundstückseigentümer, wenn das Finanzamt trotz vorliegender Steuererklärungen geschätzt hat und selbst im Rechtsbehelfsverfahren behauptet wird, dass keinerlei Schriftverkehr vorliegt. Dies sei kein Einzelfall, sondern komme häufiger vor, so Hans-Ulrich Liebern, Landesgeschäftsführer des BdSt Nordrhein-Westfalen.
Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen e.V., PM vom 30.10.2023