31.10.2022
Untersuchung durch medizinischen Sachverständigen: Begleitung durch Vertrauensperson grundsätzlich zulässig
Grundsätzlich steht es dem zu Begutachtenden frei, zu einer Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen eine Vertrauensperson mitzunehmen. Der Ausschluss der Vertrauensperson ist aber möglich, wenn er im Einzelfall zur Aufrechterhaltung einer funktionsfähigen, wirksamen Rechtspflege – insbesondere mit Blick auf eine unverfälschte Beweiserhebung – erforderlich ist. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.
Der Kläger wandte sich gegen die Herabsetzung des bei ihm ursprünglich festgestellten Grades der Behinderung von 50 auf 30. Die im Klageverfahren mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragten Orthopäden hatten die Begutachtung des Klägers abgelehnt, weil dieser die Anwesenheit seiner Tochter oder seines Sohnes als Vertrauensperson während der Anamnese und der Untersuchung verlangt hatte. Daraufhin wurde dem Kläger Beweisvereitelung vorgeworfen.
Das BSG hat entschieden, dass es dem zu Begutachtenden im Grundsatz freisteht, eine Vertrauensperson zu einer Untersuchung mitzunehmen. Das Gericht könne jedoch den Ausschluss der Vertrauensperson anordnen, wenn ihre Anwesenheit im Einzelfall eine geordnete, effektive oder unverfälschte Beweiserhebung erschwert oder verhindert. Differenzierungen zum Beispiel nach der Beziehung des Beteiligten zur Begleitperson, dem medizinischen Fachgebiet oder unterschiedlichen Phasen der Begutachtung seien in Betracht zu ziehen.
Bundessozialgericht, Entscheidung vom 27.10.2022, B 9 SB 1/20 R