03.09.2025
Trotz Aufnahmezusage: Afghanischer Richter und seine Familie dürfen nicht einreisen
Ende 2022 hatte die Bundesregierung einem afghanischen Richter zugesagt, dass die Bundesrepublik ihn und seine Familie aufnimmt. Doch im Sommer 2025 verweigerte ihnen das Auswärtige Amt die nötigen Visa. Die Einreisewilligen begehrten Eilrechtsschutz. Ohne Erfolg: Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg meint, die Aufnahmezusage begründe keinen Visumsanspruch.
Das Bundesinnenministerium hatte sich im Dezember 2022 hinsichtlich des in Afghanistan ehemals hochrangigen Richters, seiner Ehefrau und deren vier Kinder bereit erklärt, diese in Deutschland im Rahmen der so genannten Überbrückungsliste aufzunehmen. Die Überbrückungsliste ist für Personen bestimmt (meist keine Ortskräfte), die aufgrund ihrer früheren Tätigkeit seit der Machtübernahme der Taliban einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt sind.
Die von den Antragstellern im Februar 2023 unter Berufung darauf beantragten Visa verweigerte das Auswärtige Amt im Frühsommer 2025. Die Begründung: Die Einreise in den Aufnahmeverfahren aus Afghanistan sei derzeit insgesamt ausgesetzt. Daher würden keine Visa erteilt. Dem hiergegen gerichteten Eilantrag der inzwischen in Pakistan aufhältigen Antragsteller gab das Verwaltungsgericht (VG) statt, weil diesen infolge der Aufnahmeerklärung ein Visumanspruch zustehe.
Das Auswärtige Amt legte Beschwerde ein, auf die das OVG den Eilantrag der Antragsteller mangels Anordnungsanspruchs ablehnte. Entgegen der Ansicht des VG vermittele die erklärte Aufnahmebereitschaft keinen Visumanspruch. Anders als in Fällen einer nach § 23 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) erteilten Aufnahmezusage stelle die hiesige Erklärung der Aufnahmebereitschaft nach § 22 Satz 2 AufenthG, wie sie im Fall des Verfahrens Überbrückungsliste oder im Fall des Ortskräfteverfahrens ergeht, keinen Verwaltungsakt dar, auf den Antragsteller sich stützen könnten. Es handele sich vielmehr um eine Maßnahme mit bloß innerbehördlichem Charakter, die Einzelnen keine subjektiven Rechte vermittele.
Wie der Senat bereits mit Urteil vom 04.06.2025 (OVG 6 B 4/24) entschieden habe, diene § 22 Satz 2 AufenthG nicht dem Schutz und der Verwirklichung von Grundrechten einzelner Ausländer. Vielmehr ziele die Vorschrift auf eine politische Entscheidung ab, die Ausdruck autonomer Ausübung des außenpolitischen Spielraums des Bundes sei. Sie räume Behörden dabei Handlungsbefugnisse ein, ohne im Regelfall damit korrespondierende Bindungen zu begründen. Vor dem Hintergrund dieses in § 22 Satz 2 AufenthG eingeräumten weiten politischen Ermessens hält das OVG es für rechtens, wenn die Bundesregierung die Frage, ob das im Dezember 2022 für gegeben erachtete politische Interesse an der Aufnahme der Antragsteller die Bundesrepublik Deutschland weiter vorliegt, vor Visumerteilung nochmals überprüft.
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.08.2025, OVG 6 S 47/25, unanfechtbar