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06.10.2025

Nordrhein-westfälische Ersatzschulverordnung: Ist in Teilen unwirksam

Die Vorschriften der nordrhein-westfälischen Ersatzschulverordnung (ESchVO), durch die mit Wirkung zum 01.08.2020 die Bestimmungen für die Feststellung der Eignung von Lehrkräften an den Ersatzschulen des Landes neu gefasst worden sind, sind in wesentlichen Teilen unwirksam. Das hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem Normenkontrollverfahren entschieden.

Nach dem nordrhein-westfälischen Schulgesetz (SchulG NRW) ist die Ausübung der Tätigkeit als Lehrkraft an einer Ersatzschule genehmigungsbedürftig. Damit füllt das Landesrecht den in Artikel 7 Absatz 4 Satz 3 Grundgesetz (GG) enthaltenen Vorbehalt aus, dass die Ersatzschulen in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen dürfen. Die in diesem Zusammenhang erlassene Ersatzschulverordnung sieht in § 7 ESchVO ein Feststellungsverfahren vor, in dessen Verlauf die Lehrkraftbewerber ihre Eignung gegenüber der oberen Schulaufsichtsbehörde unter anderem durch schriftliche Arbeiten, unterrichtspraktische Prüfungen, Kolloquien und mündliche Prüfungen nachweisen müssen. § 9 ESchVO enthält Sonderregelungen für die Unterrichtsgenehmigung für Lehrkräfte in Waldorfschulen.

Den von zwei Trägern freier Waldorfschulen und zwei Lehrern an einer Privatschule mit waldorfpädagogischem Hintergrund gegen § 7 und einzelne Regelungen des § 9 ESchVO gerichteten Normenkontrollantrag hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen abgelehnt.

Das BVerwG hat der von den Antragstellern gegen das Normenkontrollurteil eingelegten Revision größtenteils stattgegeben und § 7 ESchVO sowie § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 9 Absätze 8 und 9 ESchVO wegen Verstoßes gegen Bundesrecht für unwirksam erklärt. Nicht zu beanstanden sei dagegen § 9 Absatz 7 ESchVO. Insoweit ist die Revision erfolglos geblieben.

Zwar verletze § 7 ESchVO nicht das Grundrecht der Ersatzschulträger aus Artikel 7 Absatz 4 GG. Mit dem Feststellungsverfahren überschreite das Landesrecht nicht den Regelungsspielraum, der ihm zur konkretisierenden Ausfüllung des Vorbehalts aus Artikel 7 Absatz 4 Satz 3 GG zusteht. Jedoch handele es sich bei dem Feststellungsverfahren – entgegen der Einschätzung des OVG – um ein berufseröffnendes Prüfungsverfahren, das an Artikel 12 GG zu messen sei. Im Hinblick hierauf fehlten in § 7 ESchVO wesentliche Ausgestaltungsmerkmale, die aufgrund des Gesetzesvorbehalts des Artikels 12 Absatz 1 Satz 2 GG in einem solchen Prüfungsverfahren normativ geregelt sein müssten, insbesondere Regelungen über die Qualifikation, die Bestellung und die Anzahl der Prüfer. Die auf § 7 ESchVO bezogenen Regelungen in § 9 Absatz 8 und Absatz 9 ESchVO teilen laut BVerwG das Schicksal der Unwirksamkeit mit ihrer Bezugsnorm.

Die die Ausbildung als Klassenlehrer bis Klasse 8 an waldorfeigenen Ausbildungsinstituten betreffenden Sätze 2 bis 6 in § 9 Absatz 2 ESchVO beschränkten in ihrer Regelungsdichte in unzulässiger Weise die in Artikel 7 Absatz 4 GG verankerte Freiheit der Privatschulen zur Auswahl ihres Lehrpersonals. Nicht verletzt werde die Privatschulfreiheit hingegen durch § 9 Absatz 7 ESchVO, der eine Unterrichtsgenehmigung für Waldorflehrkräfte in Fächern, die im entsprechenden öffentlichen Schulsystem nicht unterrichtet werden (so genannte waldorfspezifische Fächer), an einleuchtende Mindestvoraussetzungen in pädagogischer Hinsicht knüpft.

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 01.10.2025, BVerwG 6 CN 1.24