14.05.2025
Durchgerissenes Testament: Gesetzliche Erbfolge greift trotz Hinterlegung in Schließfach
Mit dem Durchreißen eines handschriftlichen Testaments dokumentiert der Erblasser, dass er die Verfügung nicht mehr gelten lassen möchte. Das gilt selbst dann, wenn er das durchgerissene Schriftstück in einem Schließfach aufbewahrt, wie das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main meint.
Nach dem Tod eines Mannes stellt das Nachlassgericht auf Antrag seiner Witwe einen Erbschein aus, der die Witwe und die Mutter des Verstorbenen als (gesetzliche) Erben ausweist. Doch dann findet die Witwe in einem Schließfach des Erblassers ein handschriftliches Testament, in dem ein Dritter begünstigt wird. Dieser will, dass das Nachlassgericht den Erbschein einzieht. Mit diesem Begehren dringt er weder vor dem Nachlassgericht noch vor dem OLG durch.
Der Erbschein sei nicht unrichtig geworden und daher nicht einzuziehen, so das OLG. Es meint, der Dritte sei nicht Erbe geworden. Denn der Erblasser habe das Testament durch schlüssige Handlung widerrufen.
Hintergrund ist, dass das Testament in der Mitte durchgerissen war, als die Witwe des Erblassers es fand. Der Verstorbene habe es vernichtet und damit widerrufen.
Dass das Testament durch äußere Einflüsse "anderweitig in zwei Teile geraten" sein könnte, schließt das OLG aus. Es geht zudem davon aus, dass der Erblasser das Schriftstück selbst zerrissen hat. Denn nur er habe Zugang zum Bankschließfach gehabt. Nach den Angaben der bei Öffnung des Schließfachs Anwesenden gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Testament beim Öffnen oder Schließen versehentlich von einer dritten Person zerrissen worden sei.
Somit sei von einer Widerrufshandlung auszugehen, von der gesetzlich vermutet werde, dass sie mit Widerrufsabsicht erfolgte. Indizien, die diese Vermutung widerlegen würden, sah das OLG nicht. Warum der Erblasser das zerstörte Testament im Schließfach aufbewahrte, sei zwar nicht nachvollziehbar. Das allein aber genügte den Richtern nicht zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung. Der Erblasser habe das Schließfach offensichtlich nicht ausschließlich zur Aufbewahrung eines ungültigen Testaments angemietet. Das schließt das OLG aus dokumentierten 31 Öffnungen des Schließfaches.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.04.2025, 21 W 26/25, unanfechtbar