05.03.2025
"Dubai Schokolade": Noch keine Gattungsbezeichnung
Das Landgericht (LG) Köln bleibt bei seiner rechtlichen Einschätzung, dass bei entsprechender Produktaufmachung Produkte, die als "Dubai Schokolade" bezeichnet werden, auch einen Bezug zu Dubai haben müssen.
Es hat seine bereits am 20.12.2024 erlassene einstweilige Verfügung in einem Verfahren bestätigt, in dem die Parteien über die Frage streiten, ob die konkret in Bezug genommene Produktaufmachung der Antragsgegnerin nebst Werbetext mit dem Begriff "Miskets Dubai Chocolate" und/oder "bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause" eine irreführende Herkunftstäuschung darstellt.
Die Antragstellerin vertreibt unter anderem Süßwaren, darunter einen Schokoriegel, der in Dubai hergestellt wird. Die Antragsgegnerin betreibt einen Online-Shop, in dem sie Süßwaren anbietet. Teil des Angebots war das dem Verfügungsverfahren zugrunde liegende Produkt "Miskets Dubai Chocolate". Dieses wird in der Türkei hergestellt, was auch auf der Rückseite der Verpackung angegeben ist.
Die Antragstellerin reichte wegen des Schokoriegels beim LG Köln einen Eilantrag ein, dem das Gericht am 20.12.2024 stattgab. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch. Sie behauptet, die Bezeichnung "Dubai Schokolade" werde als Gattungsbezeichnung verstanden, zumal auch die Zutaten keine lokalen Spezialitäten seien. Eine Irreführung sei zudem wettbewerbsrechtlich irrelevant.
Dieser Argumentation ist das LG Köln nicht gefolgt. Die Verwendung der hier konkret angegriffenen Produktaufmachung und die angegriffene Werbung verstoßen seiner Ansicht nach gegen § 127 Absatz 1 Markengesetz. Danach dürfen geographische Herkunftsangaben im geschäftlichen Verkehr unter anderem nicht für Waren benutzt werden, die nicht aus dem Ort stammen, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Angaben eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht. Davon sei vorliegend auszugehen.
Bei der Bezeichnung "Dubai" handele es sich um eine Herkunftsangabe, die auf den Namen eines Orts zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft der Ware "Schokolade" hinweise. Hinzu komme, dass das Produkt unstreitig ursprünglich in Dubai entwickelt wurde, sodass auch Personen, die sich mit dem Produkt beschäftigt hätten, eine Herkunftsangabe annähmen. Eine Gattungsbezeichnung, die einem Schutz als geographische Herkunftsangabe entgegenstünde, liege nicht vor. Das Verkehrsverständnis hat sich aus Sicht des LG bislang nicht so gewandelt, dass der Verkehr die Bezeichnung nunmehr allein – unabhängig von dem Herstellungsort – als Synonym für eine Schokolade nach besonderer Rezeptur verstehen würde.
Ein Teil der Bevölkerung habe von dem "Hype" um die "Dubai Schokolade" überhaupt nichts mitbekommen. Er verstehe daher die Bezeichnung dem eindeutigen Wortlaut nach als Herkunftsangabe. Ein weiterer beachtlicher Teil des Verkehrs habe die Bezeichnung "Dubai Schokolade" im Rahmen der medialen Berichterstattung zur Kenntnis genommen, allerdings nur so am Rande, dass er um die besondere Exklusivität mit entsprechender Hochpreisigkeit wisse und dementsprechend weiterhin davon ausgehe, dass die Schokolade zur Rechtfertigung dieser Exklusivität in Dubai hergestellt wird.
Das LG hat zudem in die Erwägung einbezogen, dass viele Anbieter unter "Dubai Schokolade" Schokoladen vertreiben, die der Herkunftsbezeichnung entsprechend tatsächlich in Dubai hergestellt werden. Zur Abgrenzung würden daher auch zahlreiche Produkte als "Dubai Style Schokolade" in den Handel gebracht. Insgesamt geht das LG davon aus, dass ein Teil des Verkehrs der Bezeichnung zwar keinen herkunftsweisenden Inhalt mehr zumesse, dieser Teil allerdings (bislang) nicht die erforderliche Größe erreicht habe, um von einer Gattungsbezeichnung auszugehen.
Die Schokolade der Antragsgegnerin stamme nicht aus Dubai, sodass bei der Benutzung der Herkunftsbezeichnung in der vorliegenden Art und Weise die Gefahr einer Irreführung über die Herkunft bestehe.
Auf der Produktaufmachung sei die Bezeichnung "Dubai Chocolate" auf der Vorderseite in Großbuchstaben unter dem Zeichen "Miskets" abgebildet. Darunter finde sich eine weitergehende Beschreibung in kleinerer Schrift sowohl auf englischer als auch auf türkischer Sprache. Ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher würde durch diese prägnante Darstellung der Herkunftsbezeichnung von einem Produkt aus Dubai ausgehen. Die weitergehende Beschreibung in türkischer Sprache stellt für das LG keinen hinreichenden Bezug zum Herkunftsland Türkei her. Ein Großteil des Verkehrs erkenne die türkische Sprache nicht und nehme aufgrund der fremdsprachigen Beschreibung an, dass die Schokolade nicht in Deutschland hergestellt sei. Er würde so der abgebildeten Herkunftsbezeichnung umso mehr Bedeutung zumessen.
Dieses Verständnis würde durch den angegriffenen Werbetext noch verstärkt. Dort werde die Bezeichnung "Miskets Dubai Chocolate" in Kombination mit der Formulierung "diese Schokolade bringt den Zauber Dubais direkt zu Ihnen nach Hause" verwendet. Dadurch würde dem Verbraucher der Eindruck vermittelt, er könne etwas aus Dubai erwerben. Ferner sei die Beschreibung auf der Rückseite des Produkts in englischer und arabischer Schrift gehalten, was zusätzlich den Eindruck einer Herkunft aus Dubai verstärke.
Einzig der Hinweis "Herkunft: Türkei" auf der Rückseite des Produkts gebe dem Verbraucher Informationen zu dem von der Herkunftsbezeichnung abweichenden Herstellungsort. Dieser Hinweis allein sei jedoch nicht geeignet, den Irrtum auszuräumen. Zum einen würde der Verkehr keine von der Herkunftsbezeichnung abweichende Angabe erwarten, zum anderen würde er bei der Kenntnisnahme der Rückseite aufgrund der arabischen Schrift gerade nicht mit dem Herkunftsland Türkei rechnen. Zudem würde ein erheblicher Teil der Verbraucher die Klarstellung aufgrund der kleinen Schrift und der Position des Hinweises schon nicht zur Kenntnis nehmen.
Im Streitfall überwiegt nach Ansicht des LG Köln schließlich das Interesse des Verkehrs, nicht über die Herkunft des Produkts in die Irre geführt zu werden, das Interesse der Antragsgegnerin an der Nutzung der geographischen Herkunftsangabe. Die Beklagte könne den möglichen Fehlvorstellungen der Verbraucher ohne weiteres dadurch entgegenwirken, dass sie eine abweichende Bezeichnung (z.B. "Dubai Style") wählt oder die von der Herkunftsbezeichnung abweichende tatsächliche Herkunft für den Verbraucher deutlich erkennbar abbildet.
Landgericht Köln, Urteil vom 25.02.2025, 33 O 513/24, nicht rechtskräftig