05.03.2025
"Abnehmspritze": Unzulässige Werbung einer Online-Apotheke
Das Landgericht (LG) München I hat im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass einem Online-Apotheken-Anbieter die Bewerbung der so genannten Abnehmspritze gegenüber Endverbrauchern in ihrer konkreten Form untersagt ist.
Eine in den Niederlanden ansässige Versand-Apotheke wirbt gegenüber Verbrauchern in Deutschland für Fernbehandlungen mit dem Ziel der Verschreibung von Arzneimitteln zur Gewichtsreduktion/Adipositas, wobei die Behandlung lediglich in der ärztlichen Überprüfung eines durch den Nutzer auf einer Plattform ausgefüllten Fragebogens besteht.
Eine Apothekenkammer beantragte Eilrechtsschutz gegen die Werbung. Die Apotheke wandte ein, beworben und umschrieben werde außerdem lediglich eine "Gewichtsverlustbehandlung"; dies lasse keinen zwingenden Schluss auf die Abnehmspritze zu. Das sei zulässig und verstoße nicht gegen das Heilmittelwerbegesetz. Das Ausfüllen eines Fragebogens, der sodann von einem Arzt überprüft werde, sei auch eine zulässige Fernbehandlung unter Verwendung von Kommunikationsmedien, bei der ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nicht erforderlich sei.
Dem folgte das LG nicht. Die Fernbehandlung von Adipositas mittels Ausfüllens eines Fragebogens widerspreche allgemein anerkannten fachlichen Standards. Vor der Verschreibung einer Abnehmspritze sei ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen erforderlich.
Das ergebe sich bereits aus den "Warnhinweisen", die die Fern-Apotheke dem Gericht selbst vorgelegt habe: In diesen werde auf zahlreiche Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Magenschmerzen, Hypoglykämie (bei Patienten mit Typ-2-Diabetes) und Schwindel, auf das Risiko der Unterzuckerung und darauf hingewiesen, dass die Behandlung eingestellt werden sollte, wenn man innerhalb von drei Monaten nach Behandlungsbeginn nicht mindestens fünf Prozent seines Körpergewichts verliere.
Darüber hinaus werde in den von der Apotheke selbst vorgelegten Unterlagen ausgeführt, dass eine regelmäßige Nachsorge und Überwachung während einer Gewichtsreduktion unbedingt erforderlich sei. Gerade diese regelmäßige Nachsorge erfordere aber zwingend einen persönlichen ärztlichen Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen, den – schon aufgrund der räumlichen Distanz – weder die Fern-Apotheke noch die verschreibenden Ärzten leisten könnten.
Hinzu komme, dass ausweislich der Patientenleitlinie zur Diagnose und Behandlung der Adipositas der deutschen Adipositasgesellschaft zahlreiche Untersuchungen, unter andere des Bluts und des Urins, nötig seien, um Adipositas zu diagnostizieren und zu behandeln. Dies könne daher gerade nicht im Wege der Fernbehandlung erfolgen.
Es handele sich bei der Werbung der Online-Apotheke ferner nicht um die Werbung für eine Behandlung als solche, wie diese vorgetragen habe, sondern um die Werbung für den Absatz von Medikamenten. Das ergibt sich für das Gericht schon aus dem Wortlaut der Werbung. Um welche Gruppe von Präparaten es sich hierbei handele, wüssten die angesprochenen Verkehrskreise, zu denen auch die Mitglieder der entscheidenden Kammer gehörten, bereits deshalb, weil "die Abnehmspritze" in jüngster Zeit starke mediale Aufmerksamkeit erfahren habe.
Landgericht München I, Urteil vom 03.03.2025, 4 HK O 15458/24, nicht rechtskräftig