04.03.2025
Feststellung ausländischen Rechts: Verletzung der Sachaufklärungspflicht und Gehörsverstoß
Das Finanzgericht (FG) verstößt gegen seine Sachaufklärungspflicht nach § 76 Absatz 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn es sich mit Blick auf die Feststellung ausländischen Rechts auf seine eigene Sachkunde beruft und von der seitens der Klägerin beantragten Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Verhandlung beziehungsweise einer Entscheidung über das den Sachverständigen betreffende Ablehnungsgesuch sowie von der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens absieht, obwohl der Erwerb der eigenen Sachkunde unter anderem aus den Gutachten des Sachverständigen herrührt. Das stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.
Wenn das FG dann vor Erlass seines Urteils nicht auf die Erledigung des Beweisbeschlusses (Erstattung eines Sachverständigengutachtens) wegen zwischenzeitlich erlangter eigener Sachkunde bei der Feststellung ausländischen Rechts hinweist, liege eine Überraschungsentscheidung und damit ein Verstoß gegen das Recht auf Gehör im Sinne des Artikels 103 Absatz 1 Grundgesetz, §§ 96 Absatz 2, 119 Nr. 3 FGO vor.
Zwar, so der BFH, sei das FG nicht verpflichtet, eine angeordnete Beweisaufnahme in vollem Umfang durchzuführen. Wolle es aber von einer Beweisaufnahme absehen, müsse es zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung vor Erlass des Urteils die von ihm durch den Beweisbeschluss geschaffene Prozesslage wieder beseitigen. Dazu habe es für die Beteiligten unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet.
Weiter führt der BFH aus, dass, wenn sich ein Gehörsverstoß auf das Gesamtergebnis des Verfahrens und nicht nur auf einzelne Feststellungen des angegriffenen Urteils bezieht, Ausführungen zu seiner Kausalität entbehrlich sind.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.05.2024, IV B 35/23