26.02.2025
Android Auto: Zugangsverweigerung durch Google eventuell missbräuchlich
Die Weigerung Googles, die Interoperabilität seiner Plattform Android Auto mit der App JuicePass sicherzustellen, ist möglicherweise missbräuchlich, kann aber auch gerechtfertigt sein. Das ergibt sich aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
2018 führte der italienische Energieversorger Enel in Italien die App JuicePass ein, die es den Nutzern ermöglicht, Ladestationen für ihre Elektrofahrzeuge zu lokalisieren und zu buchen. Um die Navigation zu den Ladestationen zu erleichtern, ersuchte Enel Google, die App mit Android Auto kompatibel zu machen. Android Auto ist das System von Google, das es ermöglicht, direkt über den Bordbildschirm von Fahrzeugen auf Apps auf Smartphones zuzugreifen. Drittentwickler können ihre Apps dank der Templates, die Google bereitstellt, an Android Auto anpassen.
Google lehnte es ab, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die Interoperabilität von JuicePass mit Android Auto zu gewährleisten. Die italienische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde sah darin einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung und verhängte gegen Google eine Geldbuße von über 102 Millionen Euro. Google focht diese Entscheidung bis zum italienischen Staatsrat an, der den EuGH um Vorabentscheidung ersucht hat.
Dieser meint, die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, das eine digitale Plattform entwickelt hat, die Interoperabilität dieser Plattform mit einer von einem Drittunternehmen entwickelten App zu gewährleisten, einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann. Ein solcher Missbrauch sei nicht auf den Fall beschränkt, dass die Plattform für die Ausübung der Tätigkeit desjenigen, der um Zugang ersucht, unerlässlich ist. Er kann laut EuGH auch vorliegen, wenn, wie es vorliegend der Fall zu sein scheint, ein Unternehmen in beherrschender Stellung die Plattform nicht ausschließlich für die Zwecke seiner eigenen Tätigkeit, sondern mit dem Ziel entwickelt hat, ihre Nutzung durch Drittunternehmen zu ermöglichen, und wenn diese Plattform für die kommerzielle Nutzung einer von einem Drittunternehmen entwickelten App zwar nicht unerlässlich ist, aber geeignet ist, diese App für die Verbraucher attraktiver zu machen.
Die Zugangsverweigerung könne auch dann wettbewerbswidrige Auswirkungen haben, wenn das Drittunternehmen, das die App entwickelt hat, und seine Wettbewerber auf dem Markt, zu dem diese App gehört, tätig geblieben sind und ihre Stellung auf diesem Markt ausgebaut haben, ohne die Interoperabilität mit der Plattform nutzen zu können. Insoweit sei zu prüfen, ob die Weigerung Googles geeignet war, die Aufrechterhaltung oder Entwicklung des Wettbewerbs auf dem betreffenden Markt zu behindern. Dabei sind laut EuGH alle relevanten tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen.
Die Weigerung eines Unternehmens in beherrschender Stellung, die Interoperabilität einer App mit einer digitalen Plattform zu gewährleisten, könne damit gerechtfertigt werden, dass es für die Kategorie der betreffenden Apps kein Template gibt, wenn die Gewährung einer solchen Interoperabilität mittels eines solchen Templates die Integrität dieser Plattform oder die Sicherheit ihrer Nutzung gefährden würde oder wenn es aus anderen technischen Gründen unmöglich wäre, die Interoperabilität durch die Entwicklung dieses Templates zu gewährleisten. Ist dies jedoch nicht der Fall, müsse das Unternehmen in beherrschender Stellung ein solches Template innerhalb eines angemessenen Zeitraums und gegebenenfalls gegen eine angemessene finanzielle Gegenleistung entwickeln. Dabei seien die Bedürfnisse des Drittunternehmens, das um diese Entwicklung ersucht hat, die tatsächlichen Kosten dieser Entwicklung und das Recht des Unternehmens in beherrschender Stellung, daraus einen angemessenen Nutzen zu erzielen, zu berücksichtigen.
Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 25.02.2025, C-233/23