24.02.2025
Pferd nicht nur "etwas dominant": Kaufvertrag kann wegen Arglist angefochten werden
Wenn in einem Kaufvertrag über ein Pferd lediglich festgehalten ist, das Tier sei "etwas dominant", während es tatsächlich ein aggressives Verhalten an den Tag legt, dass nicht ohne Weiteres korrigierbar ist, kann der Käufer den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Das hält das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig fest.
Eine Frau erwarb von einer anderen eine Stute für 5.200 Euro. Im Vertrag war festgehalten, das Pferd sei "etwas dominant" sei. Die Verkäuferin selbst hatte das Pferd einen Monat zuvor von dem Voreigentümer für einen deutlich geringeren Preis erworben. In dem damaligen Vertrag war das Pferd als "schwierig im Umgang" bezeichnet worden. Die Käuferin behauptete, dass das Pferd nach der Eingewöhnung aggressive Verhaltensweisen gezeigt habe: Es lasse sich nicht reiten, lege die Ohren an und laufe mit gesenktem Kopf auf die Mitarbeiter zu. Sie erklärte daraufhin die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes.
Abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Braunschweig entschied das OLG nach Durchführung einer Beweisaufnahme, dass der Käuferin des Pferdes ein Anfechtungsrecht zustehe. Die Verkäuferin des Tiers habe Kenntnis von aggressivem Verhalten des Pferdes gehabt und sei daher ihrer Aufklärungspflicht gegenüber der unwissenden Käuferin nicht nachgekommen. Nach den Angaben der Voreigentümer in der mündlichen Verhandlung sei die Verkäuferin nämlich informiert gewesen, dass das Pferd sich beim Longieren regelmäßig in Richtung des Longierenden zubewegt und nach hinten ausgekeilt habe. Die gerichtlich bestellte Sachverständige habe bestätigt, dass das Pferd damit ein aggressives Verhalten gezeigt habe, das sich nicht ohne Weiteres korrigieren lasse.
Darüber habe die Verkäuferin die Käuferin nicht aufgeklärt, obwohl es für deren Entscheidung, das Pferd zu kaufen, offensichtlich von Bedeutung gewesen wäre. Auch die Beschreibung im Kaufvertrag rechtfertige kein anderes Ergebnis: Das aggressive Gebaren des Pferdes gehe eindeutig über ein als "etwas dominant" beschriebenes Verhalten hinaus, so das OLG. Ihrer Aufklärungspflicht sei die Verkäuferin mit der eher verniedlichenden Formulierung daher nicht nachgekommen. Im Hinblick auf die Ausführungen der Sachverständigen hat das OLG ausgeschlossen, dass sie darauf vertraut habe, die ihr bekannten Verhaltensweisen des Pferdes binnen eines Monats nachhaltig korrigiert zu haben.
Das OLG entschied danach, dass die Verkäuferin der Käuferin den Kaufpreis Zug um Zug gegen die Herausgabe des Pferdes zu ersetzen habe. Daneben kann die Käuferin auch teilweise die Zahlung der Kosten für die Unterstellung, Fütterung und notwendigen Tierarztkosten für das Pferd verlangen.
Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 30.01.2025, 8 U 215/22