24.02.2025
Offene Forderungen eines Pflegedienstes: Kein Anspruchsübergang bei Tod der Pflegebedürftigen
Ein Pflegedienst, der Intensivpflege in Wohngemeinschaften erbringt, wird nicht Inhaber eines Anspruchs auf Hilfe zur Pflege, wenn die Pflegebedürftige verstirbt. Das hat das Landessozialgericht (LSG) entschieden.
Die 2010 geborene ursprüngliche Klägerin war seit Oktober 2018 palliativpflegebedürftig. Sie lebte in einer Wohngemeinschaft und wurde dort von einem – von der Betreiberin der Wohngemeinschaft unabhängigen – Pflegedienst gepflegt. Sie klagte gegen den Sozialhilfeträger auf Leistungen für die ihr durch den Pflegedienst erbrachten Hilfen (rund 42.000 Euro). Nach ihrem Tod im September 2021 erklärte der Pflegedienst, das Verfahren als Sonderrechtsnachfolger fortzuführen. Das Sozialgericht wies die Klage als unbegründet ab.
Das LSG hat die Berufung des Pflegedienstes zurückgewiesen. Er könne zu Lebzeiten bestehende Ansprüche der verstorbenen Pflegebedürftigen auf Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) nicht selbst geltend machen. Da solche Ansprüche höchstpersönlicher Natur seien, bedürfe es für ihre Geltendmachung als Rechtsnachfolger einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Einzig in Betracht komme ein gesetzlicher Anspruchsübergang nach § 19 Absatz 6 SGB XII. Danach stehe der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld, soweit die Leistung erbracht worden ist, nach ihrem Tod demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
Der Pflegedienst habe an die Pflegebedürftige jedoch keine "Leistungen für Einrichtungen" erbracht. Der Gesetzgeber unterscheide bei der Begriffsbestimmung zwischen Leistungen außerhalb von Einrichtungen (ambulante Leistungen) und Leistungen in teilstationären oder stationären Einrichtungen (teilstationäre oder stationäre Leistungen). Ambulante Dienste seien mithin gerade keine Einrichtungen im Sinne dieser Definition, so das LSG. § 19 Absatz 6 SGB XII könne aufgrund seiner eindeutigen Grenzen auch nicht analog auf Anbieter von Pflegeleistungen wie dem hier klagenden Pflegedienst Anwendung finden. Die unterschiedliche Behandlung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz.
Der Pflegedienst hat Revision beim Bundessozialgericht eingelegt (B 8 SO 1/25 R). Dort ist bereits die Revision gegen ein Urteil des 9. Senates vom 19.09.2024 (L 9 SO 16/22) anhängig, der die gegenteilige Auffassung vertreten hat (B 8 SO 13/24 R).
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.10.2024, L 20 SO 362/22, nicht rechtskräftig