03.06.2024
Online-Vertrieb: Vor Vertragsabschluss keine Vorkasse
Ein Unternehmen, das Ware online verkauft, darf keine Vorkasse verlangen, wenn der Vertragsschluss erst mit Lieferung der bestellten Ware zustande kommt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg auf einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) gegen Netto entschieden.
Bei einer Vorkasse-Zahlung auf netto-online.de mussten Verbraucher ihre Rechnung zahlen, bevor ein Kaufvertrag geschlossen wurde. Der Vertrag kam laut Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters erst bei der Warenlieferung zustande. Diese Kombination aus Vorkasse und AGB-Regelung hat das OLG Nürnberg der Betreiberin des Onlineshops, der NeS GmbH, laut vzbv nun untersagt.
Die NeS GmbH biete auf der Netto-Internetseite auch hochpreisige Waren an, die mehr als 1.000 Euro kosten, erläutert der vzbv. Kunden, die als Zahlungsmittel "Vorkasse" wählten, sollten den vollen Rechnungsbetrag innerhalb von sieben Tagen nach der Bestellung zahlen. Der Kaufvertrag sei laut einer Klausel in den AGB des Anbieters erst mit der Zustellung der Ware zustande gekommen. Als Lieferzeit habe das Unternehmen für Paketzustellungen "ca. 1 bis 3 Werktage" und bei Lieferung per Spedition "ca. 10 Werktage" genannte. Bei Vorkasse sollten sich diese Lieferzeiten um drei Werktage verlängern und am Tag der Zahlungsanweisung beginnen. Kunden hätten also den Kaufpreis leisten müssen, ohne dass bereits ein Vertrag zustande gekommen ist.
Das OLG Nürnberg sei der Auffassung des vzbv gefolgt, dass diese Vorkasse-Regelung Kunden unangemessen benachteiligt und gegen einen wesentlichen Grundsatz des Bürgerlichen Gesetzbuches verstößt. Kunden von netto-online seien durch die Zahlungsaufforderung vor Vertragsabschluss rechtlich schlechter gestellt worden als bei einem bestehendem Kaufvertrag. Wenn das Unternehmen nicht lieferte, hätten sie zwar ihr Geld zurückverlangen können, nicht aber auf der Lieferung bestehen oder Schadensersatz verlangen.
Das Hinausschieben des Vertragsabschlusses bis zur Warenlieferung sei deshalb nach Auffassung des OLG für betroffene Verbraucher mit erheblichen Nachteilen verbunden. Sie müssten das gezahlte Geld über einen längeren Zeitraum entbehren, ohne sicher zu sein, dass die Ware geliefert wird. Kunden seien im Hinblick auf ihre Erfüllungs- und Ersatzansprüche weitgehend schutzlos gestellt.
Das OLG habe außerdem darauf hingewiesen, dass Kunden nicht erkennen könnten, wie lange sie an ihre Bestellung gebunden sind und wie lange das Unternehmen befugt sein soll, ihr durch die Bestellung abgegebenes Angebot noch anzunehmen. Da die Lieferzeiten nur als Circa-Fristen angegeben waren, hätten sie selbst nach deren Ablauf keine Gewissheit.
Verbraucherzentrale Bundesverband, PM vom 31.05.2024 zu Oberlandesgericht Nürnberg, Urteil vom 30.01.2024, 3 U 1594/23, rechtskräftig