25.01.2024
Unentgeltliche Zuwendungen und Vorsteuerabzug: Folgen aus BFH-Urteil
In einem aktuellen Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) geht es um die Folgen, die ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) für den Vorsteuerabzug hat, wenn ein Unternehmer unentgeltliche Zuwendungen tätigt.
Ein Unternehmer sei unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 Umsatzsteuergesetz (UStG) zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn er Eingangsleistungen für Zwecke seines Unternehmens und damit für seine wirtschaftliche Tätigkeit bezieht. Ein Unternehmer, der für Zwecke des Vorsteuerabzugs als Leistungsempfänger anzusehen ist, sei zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen im Sinne des § 2 Absatz 1 UStG und damit für seine unternehmerischen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt (vgl. BFH, Urteil vom 27.01.2011, V R 38/09). Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung habe zwingend nach dem objektiven Inhalt der bezogenen Leistung ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung bestehen müssen (vgl. BFH, Urteil vom 11.04.2013, V R 29/10). Nur mittelbar verfolgte Zwecke seien bisher stets unerheblich gewesen (vgl. BFH, Urteil vom 13.01.2011, V R 12/08).
In seinem Folgeurteil zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 16.09.2020, C-528/19) habe der BFH mit Urteil vom 16.12.2020 (XI R 26/20) abweichend von der bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus einem mittelbar unternehmerisch veranlassten Leistungsbezug zulässig ist, der unentgeltlich an einen Dritten weitergeliefert wird, sowie eine daraus resultierende unentgeltliche Wertabgabe nicht besteuert wird, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht.
Der BFH habe damit also entschieden, so das BMF, dass einem Unternehmer der Vorsteuerabzug auch dann zustehen kann, wenn er eine Leistung bezieht, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu liefern und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen. Dies setze aber voraus, dass die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich beziehungsweise unerlässlich ist, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist. Nur unter diesen Voraussetzungen reiche entgegen der bisherigen Rechtsprechung eine "mittelbare" Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus. Darüber hinaus sei das BFH-Urteil vom 13.01.2011, V R 12/08) weiterhin anzuwenden.
Außerdem habe der BFH mit dem Urteil vom 16.12.2020 entschieden, dass § 3 Absatz 1b Satz 1 Nr. 3 UStG unionsrechtskonform dahingehend einschränkend auszulegen ist, dass keine Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe erfolgt, wenn kein unversteuerter Endverbrauch droht. Für den Vorsteuerabzug aus Erschließungsmaßnahmen ergebe sich durch die Rechtsprechung kein Änderungsbedarf am BMF-Schreiben zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Erschließungsmaßnahmen vom 07.06.2012 (BStBl I S. 621), weil in den dortigen Fällen im Regelfall die unentgeltliche Weitergabe von Leistungen zu einem unversteuerten Endverbrauch führen würde. Nur unter den nunmehr von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen könne bei Erschließungsmaßnahmen, die unter den mit dem Urteilsfall XI R 26/20 vergleichbaren Bedingungen erfolgen, ein Vorsteuerabzug möglich sein, so das BMF.
Die Genehmigung zum Ausbau zum Beispiel einer Gemeindestraße führe in solchen Fällen zu keinem tauschähnlichen Umsatz, da die Ausbaumaßnahme keine Gegenleistung für die Genehmigung darstellt.
Abschließend weist das BMF auf durch das BFH-Urteil bedingte Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 01.10.2010 (BStBl I S. 846) hin. Das Schreiben ist auf den Seiten des BMF (www.bundesfinanzministerium.de) als pdf-Datei verfügbar.
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 24.01.2024, Z III C 2 - S 7109/19/10004 :001