17.01.2024
Kindschaftsrecht: Reform geplant
Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Kindschaftsrechts mit Vorschlägen für neue Regeln im Sorge-, Umgangs- und Adoptionsrecht vorgelegt.
In nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Trennungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien soll es einfacher werden, Kinder partnerschaftlich zu betreuen. Eltern sollen einfacher Vereinbarungen über Sorge und Umgang schließen können und Dritten sorgerechtliche Befugnisse oder Umgangsrechte einräumen können. Kinder sollen in ihrer Rechtsposition gestärkt werden. Der Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren soll verbessert werden. Außerdem soll das Adoptionsrecht liberalisiert werden.
Konkret vorgeschlagen werden insbesondere folgende Neuerungen:
Das Wechselmodell, das viele Eltern nach einer Trennung schon jetzt leben, soll erstmalig gesetzlich geregelt werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in einem Umgangsverfahren (nach Trennung) eine Betreuung durch beide Elternteile, gegebenenfalls auch eine paritätische Betreuung anordnen kann – wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Ein Vater, der mit der Mutter zusammenwohnt, aber nicht verheiratet ist, soll künftig einfacher das Sorgerecht erlangen können. Wenn die Mutter nicht widerspricht, soll eine einseitige, beurkundete Erklärung ausreichen.
Eltern sollen mehr Autonomie in Bezug auf ihr Sorgerecht erhalten: Sie sollen die Alleinsorge eines Elternteils vereinbaren können; auch eine Übertragung der elterlichen Sorge von einem Elternteil auf den anderen soll leichter möglich sein.
"Kleines Sorgerecht": Die Sorgeberechtigten (im Regelfall also die Eltern) sollen künftig durch Vereinbarung bis zu zwei weiteren Personen – zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern – sorgerechtliche Befugnisse einräumen können.
Mit Dritten sollen die sorgeberechtigten Eltern künftig auch Vereinbarungen über den Umgang mit dem Kind schließen können.
Kinder sollen ein Recht auf Umgang mit Großeltern und Geschwistern, mit anderen Bezugspersonen sowie mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen erhalten.
Kinder sollen ab dem Alter von 14 Jahren im Sorge- und Umgangsrecht künftig ausdrückliche Mitentscheidungsbefugnisse haben. So sollen sie zum Beispiel eine erneute Entscheidung über eine bereits getroffene Umgangsregelung beantragen können.
Der Schutz vor häuslicher Gewalt im Sorge- und Umgangsrecht soll durch folgende Anpassungen des Gesetzes verbessert werden: Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht in Umgangsverfahren Anhaltspunkten für häusliche Gewalt gegenüber dem Kind und/oder dem anderen Elternteil und deren Folgen umfassend und systematisch nachgehen und eine Risikoanalyse vornehmen muss. Bei Partnerschaftsgewalt soll ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig ausscheiden. Es soll klargestellt werden, dass das Familiengericht den Umgang beschränken oder ausschließen kann, wenn dies erforderlich ist, um eine konkrete Gefährdung des betreuenden Elternteils durch einen gewalttägigen Ex-Partner abzuwenden.
Auch Paare, die nicht verheiratet sind, sollen gemeinsam ein Kind adoptieren können; bisher ist dies nur verheirateten Paaren möglich. Verheiratete Personen sollen künftig auch allein ein Kind adoptieren können.
Das BMJ wird auf Grundlage des Eckpunktepapiers nun einen Gesetzentwurf für die Reform des Kindschaftsrechts erarbeiten. Den Gesetzentwurf will es noch im ersten Halbjahr 2024 vorgelegen.
Bundesjustizministerium, PM vom 16.01.2024