30.08.2023
Boarding verpasst: Reiseveranstalter haftet nicht für Verzögerungen bei Sicherheitskontrolle
Einem Reiseveranstalter sind Verzögerungen bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen nicht zuzurechnen. Dies hat das Amtsgericht (AG) München klargestellt und eine Klage gegen einen Reiseveranstalter auf Rückerstattung des Preises für eine Pauschalreise abgewiesen. Die Reisenden hatten nach Verzögerungen bei der Sicherheitskontrolle das Boarding verpasst.
Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise nach Madeira gebucht. Beim Online-Check-in erhielt er die Weisung, um 12.50 Uhr am Gate zu sein. Tatsächlich erreichten der Kläger und seine Frau das Gate um 13.05 Uhr. Obwohl das Flugzeug noch in Parkposition stand, verweigerte das Bodenpersonal ihnen den Zutritt.
Der Kläger führt aus, er habe sich am Abreisetag gemeinsam mit seiner Ehefrau um 10.15 Uhr und damit drei Stunden und 20 Minuten vor Abflug in die Flughafenhalle begeben. Der Schalter zur Gepäckabgabe für den gebuchten Flug sei jedoch erst um 11.00 Uhr geöffnet worden. Er und seine Ehefrau hätten ihr Gepäck abgegeben und sich im Anschluss daran gegen 11.20 Uhr direkt zur Sicherheitskontrolle begeben. Diese habe dann jedoch bis circa 13.00 Uhr gedauert, da anstelle der circa 20 Schalter für einen gesamten Abflugbereich lediglich nur ein einziger Schalter geöffnet gewesen sei.
Der Kläger meint, die Beklagte müsse ihm deswegen den Reisepreis zurückerstatten. Diese hätte jedenfalls wissen müssen, dass nicht hinreichend Personal in der Sicherheitskontrolle zur Verfügung stand. Entsprechend hätte sie auf eine frühere Öffnung der Gepäckabgabeschalter der Airline hinwirken und die Reisenden auf überlange Wartezeiten aufmerksam machen müssen.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Pauschalreise leide an keinem Mangel, so das AG München. Vielmehr habe sich der Kläger mit dem Antritt der Reise in Annahmeverzug befunden, weil er das Abflug-Gate des gebuchten Fluges erst nach dessen Schließung um 13.05 Uhr anstatt um 12.50 Uhr erreichte. Nachdem das Gate geschlossen war, habe kein Anspruch des Klägers mehr auf Zutritt zum Flugzeug und damit auf Beförderung durch die Leistungserbringer der Beklagten bestanden.
Die Beklagte müsse sich eine etwaige Verzögerung bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen auch nicht zurechnen lassen. Die Personen- und Gepäckkontrolle sei keine Leistungserbringung der Beklagten oder ihrer Leistungsträger im Rahmen des Reisevertrages. Vielmehr handele es sich hierbei gemäß Luftsicherheitsgesetz um eine hoheitliche Aufgabe des Staates, die durch die zuständige Luftsicherheitsbehörde regelmäßig unter Beauftragung der Bundespolizei ausgeführt wird. Etwaige Fehler der Planung der Luftsicherheitsbehörden bei der Sicherheitskontrolle der Passagiere müsse sich die Beklagte nicht zurechnen lassen.
Sie sei auch nicht gehalten gewesen, den Gepäckabgabeschalter mehr als zweieinhalb Stunden vor Abflug zu öffnen, sondern durfte sich darauf verlassen, dass die Sicherheitskontrolle so organisiert ist, dass ein Erreichen des Gates bis zur angegebenen Boardingzeit problemlos innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeitspanne möglich ist. Auch eines Hinweises auf eine etwaige längere Dauer der Sicherheitskontrolle durch die Beklagte bedurfte es laut AG nicht. Der Hinweis auf die Boardingszeit beim Check-In sei ausreichend gewesen.
Es wäre vielmehr am Kläger gewesen, für ein rechtzeitiges Passieren der Sicherheitskontrolle, gegebenenfalls durch ein Herantreten an andere Reisende mit der Bitte um bevorzugte Abfertigung unter Hinweis auf die gesetzte Boardingzeit, Sorge zu tragen. Der Vortrag des Klägers erscheine auch unplausibel vor dem Hintergrund, dass andere Reisende das Flugzeug offenbar trotz der vorgetragenen Verzögerungen in der Sicherheitskontrolle rechtzeitig erreicht haben. Es sei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass das Flugzeug nicht ohne Passagiere und Gepäck nach Madeira geflogen ist.
Ein zur Minderung des Reisepreises (gar auf null) berechtigender Reisemangel sei nach alledem nicht erkennbar. Der Kläger habe es zudem verabsäumt, etwaige Mängel der Reiseleistung gegenüber der Beklagten anzuzeigen und diese zur Abhilfe aufzufordern.
Amtsgericht München, Urteil vom 12.07.2023, 158 C 1985/23