29.08.2023
Personenbezogene Kundendaten: Keine eigenmächtige Verarbeitung auf privatem Account
Das Landgericht (LG) Baden-Baden hat ein Unternehmen dazu verurteilt, einer Kundin die Namen ihrer Mitarbeiter zu benennen, die in dem Unternehmen erhobene Kundendaten privat verarbeitet haben. Darüber hinaus ist das Unternehmen dazu verurteilt worden, ihren Mitarbeitern die fortgesetzte Verwendung der personenbezogenen Kundendaten auf ihren privaten Kommunikationsgeräten zu untersagen.
Die Kundin hatte im Juni 2022 bei dem beklagten Unternehmen einen Fernseher und eine Wandhalterung erworben. In diesem Zusammenhang wurden ihr Name und ihre Anschrift erfasst. Wenige Tage darauf gab sie die Wandhalterung wieder zurück, wobei ihr versehentlich der wesentlich höhere Kaufpreis für den Fernseher erstattet wurde.
Als das Versehen in dem Unternehmen bemerkt wurde, verfasste eine Mitarbeiterin des Unternehmens über ihren privaten Account eines sozialen Netzwerks noch am gleichen Tag eine Nachricht an die Kundin, mit der sie auf das Versehen aufmerksam machte und um Rückmeldung bat. Darüber hinaus erhielt die Kundin ebenfalls noch an diesem Tag über Instagram eine weitere Nachricht, in der sie aufgefordert wurde, sich deshalb mit dem "Chef" der Instagram-Nutzerin in Verbindung zu setzen.
Die Kundin hat mit ihrer gegen das Unternehmen gerichteten Klage die Auskunft begehrt, mitzuteilen, an welche Mitarbeiter der Beklagten ihre personenbezogenen Daten herausgegeben oder übermittelt wurden und darüber hinaus beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Mitarbeitern die Nutzung der personenbezogenen Daten der Kundin auf privaten Kommunikationsgeräten zu untersagen. Das beklagte Unternehmen ist der Klage entgegengetreten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Auskunftsanspruch bestehe nicht, da Mitarbeiter eines Unternehmens keine "Empfänger" im Sinne der Artikel 15 Abs. 1 lit. c) und 4 Nr. 9 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) seien. Die begehrte Verurteilung, den Mitarbeiter der Beklagten die Nutzung der personenbezogenen Daten der Kundin auf ihren privaten Kommunikationsgeräten zu untersagen, sei nicht begründet.
Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte Erfolg. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die DSGVO sehe in Artikel 15 Abs. 1 lit. c) einen Auskunftsanspruch der Kundin vor, der sich vorliegend auch darauf erstreckt habe, der klagenden Kundin die Mitarbeiter der Beklagten als Empfänger im Sinne von Artikel 4 Ziff. 9 DSGVO zu benennen, denen gegenüber die personenbezogenen Daten der Klägerin offengelegt worden sind und die diese privat verarbeitet haben, etwa weil sie diese auf einem privaten Account eines sozialen Netzwerks genutzt haben.
Zwar seien Arbeitnehmer eines für die Datenverarbeitung Verantwortlichen grundsätzlich nicht als Empfänger anzusehen. Dies gelte aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 22.06.2023, C-579/21) nur dann, wenn sie unter der Aufsicht des Verantwortlichen und im Einklang mit seinen Weisungen die Daten verarbeiteten. Demgegenüber habe hier zumindest eine Mitarbeiterin der Beklagten zur Klärung von Fragen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Fernsehers den Kontakt zu einer Kundin eigenmächtig über ihren privaten Account hergestellt.
Da für die Kundin die Nennung der Mitarbeiter erforderlich sei, um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten zu überprüfen und gegebenenfalls weitere nach der DSGVO zustehende Ansprüche gegen die Mitarbeiter geltend machen zu können, bestehe vorliegend ein Auskunftsanspruch auf Nennung der Mitarbeiter. Denn eine vorzunehmende Abwägung der in Rede stehenden Rechte und Freiheiten der Kundin einerseits und der Mitarbeiter andererseits führe im Hinblick darauf, dass die Nutzung der Kundendaten auf privaten Accounts entgegen den Weisungen und den üblichen Gepflogenheiten des Unternehmens eigenmächtig durch die Mitarbeiterin der Beklagten erfolgt sei, dazu, dass das Interesse der Mitarbeiter, anonym zu bleiben, nicht schutzwürdig sei und gegenüber den Interessen der Kundin auf Geltendmachung ihrer Ansprüche nach der DSGVO zurückzustehen habe.
Darüber hinaus stehe der Kundin nach §§ 823 Absatz 2, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch analog in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 1 DSGVO ein Anspruch darauf zu, dass das beklagte Unternehmen ihren Mitarbeitern, die bei der Beklagten erhobene personenbezogene Daten der Klägerin auf privaten Kommunikationsgeräten verwendet haben, die fortgesetzte Verwendung untersage. Die Beklagte sei als mittelbare Handlungsstörerin verantwortlich und verpflichtet, die ihren Weisungen unterliegenden Mitarbeiter der Beklagten dazu anzuhalten, die weisungswidrige fortgesetzte Verwendung der in dem Unternehmen erhobenen personenbezogenen Daten der Kundin zu unterlassen.
Das Landgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist damit nicht statthaft.
Landgericht Baden-Baden, Urteil vom 24.08.2023, 3 S 13/23