22.08.2023
Operation: Wer sich übereilt entscheidet, muss die Folgen tragen
Vor einer Operation werden Patienten von einem Arzt über die Vorteile und Risiken des Eingriffes aufgeklärt. Wenn es sehr dringlich ist, muss man sich (fast) sofort entscheiden.
Meist bleibt aber nach dem Aufklärungsgespräch durchaus noch eine Entscheidungsfrist. Diese kann genutzt werden – oder auch nicht. Wer sich ohne Not und ohne gedrängt zu werden sofort entscheidet und „Ja“ sagt zur OP, so ist das Sache des Patienten. Später ist unter Verweis auf die „übereilte Entscheidung“ keine Beschwerde mehr möglich, befand der Bundesgerichtshof (BGH). Denn es gibt keine gesetzliche Regelung, die eine bestimmte Dauer der Überlegungsfrist vor OPs vorschreibt.
Verhandelt wurde vor dem BGH die Klage eines Mannes, der unter anderem an chronischen Ohrenentzündungen litt und deshalb operiert werden sollte. In der Klinik wurde er drei Tage vor dem geplanten Eingriff über dessen Risiken aufgeklärt – und erteilte unmittelbar nach dem Aufklärungsgespräch seine Zustimmung. Die OP verlief nicht gut, tatsächlich traten einige der Risiken, über die er aufgeklärt worden war, ein. Der Betroffene klagte deshalb durch die Instanzen der Zivilgerichtsbarkeit auf Schadenersatz, wobei er vor allem rügte, dass ihm nicht genügend Bedenkzeit für seine Entscheidung gegeben worden sei. Anzumerken ist dabei, dass im verhandelten Fall keinerlei Hinweise bestanden, dass der Betroffene zu einer schnellen Entscheidung gedrängt worden sei. Vor Gericht gab er hierzu zu Protokoll, hierauf komme es auch gar nicht an.
Der Bundesgerichtshof bezog sich in seiner Entscheidung auf § 630e BGB, in dem ärztliche Aufklärungspflichten geregelt sind. Danach muss die Aufklärung „so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann“. Die Bestimmung sehe – so der BGH – „keine vor der Einwilligung einzuhaltende Sperrfrist vor, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen würde; sie enthält kein Erfordernis, wonach zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsste“. Daher wies der BGH die Klage des Betroffenen ab.
BGH, Urteil vom 20.12.2022, Az. VI ZR 375/21