04.08.2023
Tabaksteuer: Zum Begriff des Eigenverbrauchs
Der Begriff des Eigenverbrauchs im Sinne des § 22 Absatz 1 Tabaksteuergesetz (TabStG) in der Fassung vom 25.07.2014 schließt auch Tabakwaren ein, die eine Privatperson aus einem anderen Mitgliedstaat selbst in das Steuergebiet verbracht hat und nach dem Verbringen an Familienmitglieder verschenken will, sofern keine Anhaltspunkte für gewerbliche Zwecke vorliegen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden und im zugrunde liegenden Verfahren die begehrte Zulassung der Revision abgelehnt.
Die Rechtssache habe keine grundsätzliche Bedeutung, weil die vom Hauptzollamt (HZA) aufgeworfene Rechtsfrage durch die Rechtsprechung bereits geklärt sei.
So habe der BFH zu § 20 Absatz 1 TabStG in der Fassung vom 09.12.2006 entschieden, dass verbrauchsteuerpflichtige Waren auch dann für den Bedarf des privaten Käufers erworben werden, wenn sie aufgrund enger persönlicher Beziehungen zu einer anderen Privatperson dieser zum Geschenk gemacht werden sollen (Beschluss vom 08.09.2011, VII R 59/10). Dies gelte jedenfalls dann, wenn zwischen der Privatperson und dem Beschenkten verwandtschaftliche Beziehungen bestünden. Auch wer aus eigenem Entschluss Geschenke für Familienmitglieder kauft, decke damit seinen eigenen Bedarf. Denn er tätige Aufwendungen, die nicht in Zusammenhang mit einem Auftragsverhältnis stehen und für die von Dritten keine Kostenerstattung erwartet werden kann. Es wäre mit den Zielen des freien Binnenmarkts nicht in Einklang zu bringen, den Begriff des Eigenbedarfs so auszulegen, dass er ausschließlich den persönlichen Konsum der erworbenen verbrauchsteuerpflichtigen Waren erfasst. Denn dies würde zu einem Erwerbsverbot von Zigaretten durch Nichtraucher führen. Demnach liege Eigenbedarf vor, wenn eine Person eine Menge Zigaretten, die die damals für eine Übergangszeit noch bestehende Freimenge nicht überschreitet, selbst in das Steuergebiet verbringt, um sie nach dem Verbringen an Familienmitglieder zu verschenken.
Im vorliegenden Fall sei § 22 Absatz 1 TabStG in der Fassung vom 25.07.2014 anzuwenden gewesen. Dieser entspreche § 20 Absatz 1 TabStG in der Fassung vom 09.12.2006 im Wesentlichen. Aufgrund der Vergleichbarkeit der gesetzlichen Regelungen könne der Beschluss des BFH vom 08.09.2011 auf den Streitfall übertragen werden. Zudem sei in beiden Fällen nicht von einem Verbringen der Zigaretten zu gewerblichen Zwecken auszugehen, weil im Streitfall die Richtmenge von 800 Stück Zigaretten, bei deren Überschreitung ein Verbringen zu gewerblichen Zwecken nach § 39 TabStV widerleglich vermutet wird, nicht überschritten gewesen sei, so der BFH.
Die vom HZA aufgeworfene Frage sei zudem auch als durch den Europäischen Gerichtshof als geklärt anzusehen. Dieser habe bestätigt, dass Kaviar von Störartigen bei seiner Einfuhr in das Zollgebiet der Union als "persönlicher und Haushaltsgegenstand" angesehen werden kann, wenn er an einen Dritten verschenkt werden soll, sofern keine Anhaltspunkte für eine kommerzielle Absicht bestehen (Urteil vom 12.05.2021, C-87/20).
Ob die dargestellte Rechtsprechung unter Geltung der Richtlinie (EU) 2020/262 des Rates vom 19.12.2019 zur Festlegung des allgemeinen Verbrauchsteuersystems (RL 2020/262), in der der Erwerb durch Privatpersonen in Artikel 32 geregelt ist, noch aufrechterhalten werden kann, wäre in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil diese Richtlinie auf den Streitfall noch keine Anwendung finde, so der BFH. Denn ihr Artikel 32 RL 2020/262 gelte erst ab dem 13.02.2023.
Auch die Ergänzung des § 39 TabStV um einen zweiten Absatz mit Wirkung zum 01.07.2021, wonach die Weitergabe von Tabakwaren, auch wenn sie unentgeltlich erfolgt, unabhängig von der verbrachten Menge nicht als Eigenbedarf gilt, sei auf den Streitfall noch nicht anwendbar und damit ebenfalls nicht geeignet, die Zulassung der Revision zu rechtfertigen.
Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.06.2023, VII B 54/22