04.08.2023
Hundebiss im Rahmen eines Gerangels zwischen zwei Hunden: Beide Hundebesitzer haften
Kommt es zwischen zwei Hunden zu einem Gerangel und wird der Halter eines Hundes beim Eingreifen gebissen, so kann der Halter des anderen Hundes dafür haften, auch wenn nicht klar ist, welcher Hund zugebissen hat. Allerdings ist auch ein Mitverschulden des geschädigten Hundebesitzers anzunehmen, da er vernünftigerweise von einem Eingreifen hätte absehen müssen.
Der als selbstständiger Dachdecker tätige Kläger führte seinen angeleinten Hund spazieren, als er auf der Höhe des Anwesens seines Nachbarn, dem Beklagten zu 1., stehen blieb, um sich mit diesem zu unterhalten. Der Hund der Ehefrau des Beklagten zu 1., der Beklagten zu 2., befand sich zu diesem Zeitpunkt unangeleint in der offenen Garage. Das Grundstück der Beklagten verfügt über keine Einfriedung zwischen der Garage und dem öffentlichen Bürgersteig. Der Hund der Beklagtenseite lief plötzlich in Richtung des Hundes des Klägers und konnte durch den Beklagten zu 1., was ihm bewusst war, weder körperlich noch durch Zurufe zum Anhalten bewegt werden. Es kam zwischen den beiden Hunden zu einem Gerangel auf dem öffentlichen Bürgersteig.
Als der Kläger versuchte, die beiden Hunde voneinander zu trennen, wurde er von einem der beiden Hunde gebissen. Aufgrund des Bisses erlitt der Kläger eine circa zwei Zentimeter lange Bisswunde am rechten Ringfinger mit einer Durchtrennung des Nervenastes N 7. Die Verletzungsfolgen mit Taubheitsgefühl, Bewegungseinschränkung, Kraftminderung und Narbenbildung des rechten Ringfingers sind dauerhaft. Der Kläger begehrt mit seiner Klage Schadensersatz (Verdienstausfall) in Höhe von circa 7.000 Euro sowie ein Schmerzensgeld von 15.000 Euro.
Das LG Koblenz hat der Klage teilweise stattgegeben. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagten dem Kläger gegenüber als Gesamtschuldner haften. Der Hund der Beklagten zu 2. stelle ein so genanntes Luxustier dar, sodass die Beklagte zu 2. aufgrund der Tierhaltergefährungshaftung nach § 833 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den eingetretenen Schaden dem Grunde nach hafte. Ob der Hund der Beklagten tatsächlich zugebissen habe, könne dahinstehen, weil allein die bloße Mitverursachung beziehungsweise ein bloßes mittelbares Verursachen ausreiche, um die Haftungsvoraussetzungen zu erfüllen.
Auch der Beklagte zu 1. hafte vorliegend ausnahmsweise aus § 823 Absatz 1 BGB. Zwar habe der Hund grundsätzlich unangeleint auf dem eigenen Grundstück sein dürfen. Der Beklagte zu 1. wusste jedoch, dass er den Hund weder körperlich noch durch Zurufen daran hindern konnte, das Grundstück zu verlassen. Angesichts dieser besonderen Umstände hafte er aufgrund eines Sorgfaltspflichtverstoßes ebenfalls.
Die grundsätzlich vollumfängliche Haftung der Beklagten sei vorliegend jedoch durch ein Mitverschulden des Klägers in Höhe von 50 Prozent gemindert, weil der Kläger in das Gerangel der beiden Hunde eingegriffen habe, obwohl hierfür bei besonnener Abwägung der wechselseitigen Risiken keine Veranlassung bestanden habe. Ein durchschnittlicher und gewissenhafter Hundebesitzer würde in einer solchen angespannten Situation, in der sich zwei Hunde raufen beziehungsweise ein Hund offensichtlich ohne freundliche Absichten auf den anderen Hund zurennt, diesem weder versuchen den Weg zu verstellen noch in das Geschehen einzugreifen.
Angesichts der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehenden Verletzungen sei ein Schmerzensgeld unter Berücksichtigung der Mithaftung von 50 Prozent in Höhe von 4.000 Euro angemessen, sodass die Beklagten insgesamt zur Zahlung von 7.500 Euro verurteilt wurden.
Landgericht Koblenz, Urteil vom 12.06.2023, 5 O 38/21, rechtskräftig