03.08.2023
Faire internationale Besteuerung: Verhandlungen kommen voran
Die Verhandlungen zur Zwei-Säulen-Lösung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kommen voran. Deutschland setzt sich dabei für einfach handhabbare und bürokratiearme Lösungen ein. Ziel sei, Wettbewerbsgleichheit zu schaffen und deutschen Wirtschaftsstandort zu stärken, so das Bundesfinanzministerium.
Große internationale Unternehmen müssten ebenso Steuern zahlen wie das mittelständische Unternehmen vor Ort. Unternehmen, die in Deutschland aktiv sind und Gewinne machen, müssten sich hierzulande auch an der Finanzierung des Gemeinwesens beteiligen. Die Verständigungen, die dazu auf internationaler Ebene getroffen wurden, umfassen laut BMF zwei Säulen.
Kern der ersten Säule sei ein Mechanismus, mit dem Besteuerungsrechte der größten und profitabelsten Konzerne der Welt, insbesondere der digitalisierten Wirtschaft, neu verteilt werden. Damit würden (Digital-)Konzerne wie zum Beispiel Suchmaschinen künftig auch dort Steuern zahlen, wo ihre Nutzer sitzen.
Die zweite Säule sehe eine globale effektive Mindestbesteuerung vor. Die Umsetzung sei bereits weit vorangeschritten, informiert das Finanzministerium. Die Mindestbesteuerung werde überall in der Europäischen Union und in zahlreichen außereuropäischen Staaten wie beispielsweise Großbritannien, Kanada, Japan oder Australien umgesetzt.
Das BMF habe im Juli 2023 mit der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet und setze sich mit Nachdruck für eine bürokratiearme Umsetzung ein.
Die Zwei-Säulen-Lösung ist laut Ministerium ein Beispiel für eine erfolgreiche globale Kooperation im Steuerbereich: Auf dem Weg zu einer angemessenen Besteuerung der größten und profitabelsten Unternehmen der Welt sei die internationale Gemeinschaft wichtige Schritte vorangekommen. Im zuständigen Gremium der OECD, dem "Inclusive Framework on BEPS" (BEPS: Base Erosion and Profit Shifting), arbeiteten 143 Staaten und Jurisdiktionen gleichberechtigt mit.
Das so genannte July-Package sei ein großer Schritt vorwärts auf dem Weg zu einer breiten globalen Einigung auf eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung. Im Rahmen des "July Package" hätten zum Beispiel die Arbeiten zur "Subject-to-tax-Regelung" (STTR) als weiterer Bestandteil der Säule 2 erfolgreich abgeschlossen werden können. Die STTR ziele darauf ab, bei bestimmten grenzüberschreitenden konzerninternen Zahlungen eine Mindestbesteuerung sicherzustellen, und insbesondere Entwicklungsstaaten die Möglichkeit zu geben, Besteuerungsrechte zurückzuerhalten. Das sei ein wesentlicher Baustein, um die Fairness der internationalen Besteuerungsregeln zu erhöhen und die Inklusivität insbesondere in Bezug auf Entwicklungsstaaten weiter zu befördern.
Auch bei Säule 1 gibt es laut BMF Fortschritte. Da die bisherigen Regelungen zur Abgrenzung der Besteuerungsrechte auf Unternehmenseinkünfte zwischen den Staaten und Gebieten wesentlich auf das Vorhandensein einer physischen Präsenz des Unternehmens abstellen, führten sie für digitalisierte Geschäftsmodelle nicht immer zu angemessenen Ergebnissen. Mit dem so genannten Amount A unter Säule 1 sollen Teile der Besteuerungsrechte an Unternehmenseinkünften zugunsten von Marktstaaten umverteilt werden, um diesem Umstand Rechnung zu tragen. Amount A solle über einen multilateralen völkerrechtlichen Vertrag ("Multilateral Convention" – MLC) umgesetzt werden, der auf OECD-Ebene ausgearbeitet wird. Gleichzeitig sollen die teilnehmenden Staaten keine unilateralen Digitalsteuern (oder ähnliche Maßnahmen) erheben.
Das BMF hält es für "ermutigend", dass so viele Staaten dabei sind, eine gemeinsame Lösung zu präsentieren. Mit der noch ausstehenden Einigung über letzte kleinere Details der MLC würde ein weltweiter Staatenkreis für eine glaubwürdige und effektive internationale Umsetzung stehen, ohne dass es zu einem Flickenteppich national unterschiedlicher Digitalsteuern komme. Das sei gerade im derzeitigen weltpolitischen Umfeld keine Selbstverständlichkeit und betone noch stärker, wie groß der Wille sei, einen Konsens bei diesem Thema zu finden.
Deutschland setze sich dabei für einfach handhabbare Regelungen ein. Erreicht worden sei, dass die neuen Regelungen zur Umverteilung von Besteuerungsrechten nicht flächendeckend angewendet werden müssen, sondern zunächst auf eine kleine Zahl an multinationalen Konzernen begrenzt sind. In Deutschland würden voraussichtlich ungefähr zehn multinationale Unternehmensgruppen unter das neue Regelwerk fallen, weltweit schätzungsweise 100. Damit sollen zunächst Erfahrungen gesammelt werden, bevor die Regelungen auf weitere Unternehmensgruppen ausgeweitet werden sollen.
Auch inhaltlich setze sich das BMF für bürokratiearme Lösungen ein. Dies gelinge unter anderem durch eine weitgehende Zentralisierung des Verwaltungsverfahrens (sogenanntes one-stop-shop). Gleichzeitig wolle das BMF die Reformimpulse aus der internationalen Diskussion nutzen, um auch die nationalen Steuerregeln auf den Prüfstand zu stellen. Auch hier könne man Verbesserungen vornehmen, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.
Primäres Ziel sei nicht, Steuereinnahmen zu generieren, sondern eine fairere Verteilung zwischen verschiedenen Staaten zu gewährleisten, unterstreicht das BMF abschließend. Zu den fiskalischen Auswirkungen habe das ifo Institut Berechnungen vorgelegt. Demnach könne Deutschland mit maßvollen Mehreinnahmen rechnen.
Bundesfinanzministerium, PM vom 28.07.2023