28.07.2023
Zweibrücken Fashion Outlet Center: Zulässigkeit der Ladenöffnung an Sonntagen noch offen
Die Zulässigkeit der Sonntagsöffnung eines Geschäfts im Zweibrücken Fashion Outlet Center hängt davon ab, ob die eine solche Öffnung gestattende Durchführungsverordnung auch nach der Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz noch wirksam ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.
Der Kläger betreibt in der Pfalz Ladengeschäfte, in denen er auch Damenmodeartikel verkauft. Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungsunternehmen, das eine Filiale im Zweibrücken Fashion Outlet betreibt, das in der Nähe des Flugplatzes Zweibrücken liegt.
Gemäß der aufgrund von § 7 Absatz 2 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) erlassenen Durchführungsverordnung vom 13.03.2007 ist die Sonntagsöffnung im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz erlaubt. 2014 wurde der kommerzielle Linienflugverkehr des Flugplatzes Zweibrücken eingestellt. Seit 2018 liegt eine Genehmigung als Sonderlandeplatz vor, die Fracht- und Geschäftsreiseverkehr sowie Flüge zu privaten sowie Ausbildungs- und Schulungszwecken gestattet. Der Kläger meint, die Ladenöffnungen der Beklagten an Feriensonntagen verstießen gegen § 3 LadöffnG und seien nach §§ 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wettbewerbswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Nachdem die Klage in den ersten zwei Instanzen erfolglos geblieben war, hat der BGH auf die Revision des Klägers das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Durchführungsverordnung legitimiere die in der Sonntagsöffnung der Beklagten liegende geschäftliche Handlung nur, sofern sie wirksam ist, so der BGH. Eine infolge Rechtswidrigkeit nichtige Rechtsverordnung entfalte keine Legitimationswirkung. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Durchführungsverordnung könnten auch nach ihrem Erlass eingetretene Umstände (hier: die Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz) von Bedeutung sein. Die Nichtigkeit einer (wie die Durchführungsverordnung) im Ermessen des Normgebers stehenden, ursprünglich rechtmäßigen Rechtsverordnung könne eintreten, wenn der Normgeber die Änderung oder Aufhebung der Rechtsverordnung unterlassen hat, obwohl sein Ermessen zu einem solchen Tätigwerden wegen einer nach Erlass der Rechtsverordnung eingetretenen Veränderung der maßgeblichen Umstände auf null reduziert ist.
Der BGH hat dem OLG aufgegeben zu prüfen, ob hinreichende Sachgründe bestehen, die mit Blick auf den hohen verfassungsrechtlichen Rang des in Artikel 140 Grundgesetz in Verbindung mit Artikel 139 Weimarer Reichsverfassung sowie Artikel 47, 57 Absatz 1 Satz 2 und 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Sonn- und Feiertagsschutzes die von der Durchführungsverordnung vorgesehene Sonntagsöffnung im Zweibrücken Fashion Outlet Center rechtfertigen. Hierfür komme ein erhöhter, am Flugplatz Zweibrücken nicht gedeckter Bedarf an Ladenöffnung in Betracht. Weiter sei zu prüfen, ob die Durchführungsverordnung auch dem Ziel regionaler Wirtschaftsförderung dient und dieses Ziel die Einschränkung der Sonn- und Feiertagsruhe rechtfertigt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.07.2023, I ZR 144/22