26.07.2023
Tiny-Häuser im Landschaftsschutzgebiet: Errichtung vorerst gestoppt
Der Betreiber eines Veranstaltungslokals im Landschaftsschutzgebiet Heeseberg im Landkreis Helmstedt darf dort vorerst keine Tiny-Häuser als Ferienhäuser errichten und dort auch weder ein Brauhaus noch ein Kiosk bauen. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Braunschweig entschieden. Es entsprach damit einem Eilantrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND).
Das Veranstaltungslokal "Heese 5" liegt im Landschaftsschutzgebiet "Hügellandschaft Heeseberg" sowie im FFH-Gebiet "Heeseberg-Gebiet". Solche Fauna-Flora-Habitate bilden als Bestandteile von Natura 2000-Gebieten ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten für gefährdete Pflanzen- und Tierarten und ihre natürlichen Lebensräume innerhalb der Europäischen Union.
Der Betreiber des "Heese 5" verfolgt bereits seit 2021 den Plan, seine Gastronomie auf dem Heeseberg um drei Tiny-Häuser – für besonders umweltbewusste Urlauber bestimmte Minimalhäuser von je 35 Quadratmeter Grundfläche – zu erweitern. Nachdem ihm der Landkreis Helmstedt zunächst positive Signale gesendet und auch bereits eine Fördersumme bewilligt hatte, verzögerte sich das Baugenehmigungsverfahren wegen umweltschutzrechtlicher Bedenken der Naturschutzbehörde des Landkreises sowie des Beratungsforstamts Wolfenbüttel und privater Naturschutzverbände.
Ein vom Landkreis Helmstedt kurzfristig in Auftrag gegebenes, naturschutzfachliches Gutachten kam indes zu dem Ergebnis, dass das Bauvorhaben das Schutzgebiet nur unwesentlich zu beeinträchtigen drohe. Daraufhin erteilte der Landkreis dem Betreiber des "Heese 5" am 31.03.2023 unter diversen Auflagen sowie unter Befreiung von mehreren Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung die begehrte Baugenehmigung.
Der BUND legte in seiner Eigenschaft als klageberechtigter Naturschutzverband beim Landkreis Widerspruch gegen das Vorhaben ein und stellte einen Eilantrag beim VG Braunschweig.
Dieses erachtete die Entscheidungen des Landkreises nach der im Eilverfahren nur möglichen vorläufigen Prüfung für rechtswidrig. Die Baugenehmigung sei voraussichtlich schon deswegen rechtswidrig, weil das Vorhaben in einem FFH-Gebiet liegt und der Landkreis daher nach Bundes- und Europarecht eine besondere Verträglichkeitsprüfung hätte durchführen müssen. Dies habe er nicht getan.
Das Bauvorhaben verstoße voraussichtlich außerdem gegen verschiedene Vorschriften der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet, insbesondere gegen das Verbot, dort keine "nicht privilegierten baulichen Anlagen" zu errichten. Darunter falle auch das geplante Vorhaben mit einer Erweiterung des vorhandenen Baubestandes um mehr als ein Drittel und einer Erhöhung der Schlafplätze um mehr als das Doppelte.
Insbesondere genüge es nicht, dass der Landkreis mit dem Vorhaben den Tourismus fördern wolle. Denn er habe die erforderlichen Vorteile für diesen Wirtschaftszweig – etwa gesteigerte Besucherzahlen – nicht vertieft dargelegt, weshalb touristische Belange in der zu treffenden Abwägung bislang nicht hätten berücksichtigt werden können. Der Landkreis hätte, so das VG weiter, darüber hinaus Alternativen prüfen und insbesondere ermitteln müssen, ob sich die geplanten Anlagen nicht in zumutbarer Weise anders gruppieren lassen.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingelegt werden.
Ein Verfahren in der Hauptsache ist nach Angaben des VG bei ihm noch nicht anhängig. Derzeit sei auch das Widerspruchsverfahren beim Landkreis noch nicht abgeschlossen. Eine Klage wäre grundsätzlich erst danach möglich.
Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 24.07.2023, 2 B 116/23