24.07.2023
Autokredit des Ex: Trotz Mitunterzeichnung des Darlehensvertrages keine Haftung
Eine junge Frau, die neben ihrem Freund einen Darlehensvertrag unterschrieben hatte, trifft dennoch keine Haftung gegenüber der Bank. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg in einem Fall entschieden, in dem die finanzielle Überforderung der Frau für die Bank bei Vertragsschluss ebenso ersichtlich war wie der Umstand, dass sie den Kreditvertrag ihres Freundes allein aus emotionaler Verbundenheit mitunterzeichnete.
Die Anfang 20-Jährige verdiente als Verkäuferin in einer Bäckerei monatlich circa 1.300 Euro netto. Sie unterschrieb neben ihrem Freund einen Darlehensvertrag über rund 90.000 Euro mit einer monatlichen Rate von knapp über 1.000 Euro. Der Freund wollte mit dem Geld alte Kredite umschichten und ein Auto kaufen.
Zwei Jahre später kündigte die Bank den Kreditvertrag, weil der Freund die Raten nicht mehr bediente, und stellte die Restforderung von rund 50.000 Euro fällig. Weil sie von dem (inzwischen Ex-)Freund der jungen Frau das Geld nicht erhielt, verklagte die Bank die Frau vor dem Landgericht Osnabrück. Die Frau wurde zur Zahlung des Betrages verurteilt.
Hiergegen wandte sie sich an das OLG Oldenburg. Dieses gab der Frau Recht und wies die Klage der Bank ab. Die Frau sei keine echte Darlehensnehmerin, sondern habe lediglich eine Mithaftung übernommen. Es handele sich daher um eine einseitig belastende Vertragsabrede. Eine solche Abrede sei zwar möglich, im konkreten Fall aber wegen der Gesamtkonstellation und der offensichtlichen, krassen finanziellen Überforderung der Frau sittenwidrig und damit nichtig.
Der Bank sei bei Vertragsschluss die emotionale Verbundenheit der Frau zu ihrem Freund bekannt gewesen, ebenso deren beengte finanzielle Verhältnisse, also die Tatsache, dass die Haftung die Frau finanziell ruinieren könne. Es widerspreche dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, wenn Banken ein solche Situation ausnutzten.
Die klagende Bank habe die sich daraus im konkreten Einzelfall ergebende Vermutung der Sittenwidrigkeit nicht widerlegen können. Insbesondere spreche es nicht gegen eine Sittenwidrigkeit, dass die junge Frau bei Vertragsschluss nichts von ihrer prekären Situation ahnte, weil sie irrtümlich glaubte, es gehe nur um 7.500 Euro für das Auto.
Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 29.06.2023, 8 U 172/22