21.07.2023
Klinik: Keine Leistungen aus Betriebsschließungsversicherung wegen coronabedingter Einschränkungen
Einer Klinik steht keine Entschädigung gegen ihre Versicherung aus einer Betriebsschließungsversicherung zu, wenn sie ihre Leistungen aufgrund der "Fünften Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus" der Hessischen Landesregierung einschränken musste. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main hervor.
Hintergrund sind die zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen. Danach sollte die Klinik eine Entschädigung unter anderem dann erhalten, wenn sie ihren Betrieb nach behördlicher Anordnung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) "zur Verhinderung der Verbreitung" meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger teilweise schließt.
Im März 2020 erließ die Hessische Landesregierung auf Grundlage des IfSG die Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus. Danach mussten bestimmte Krankenhäuser medizinische Eingriffe und Behandlungen aussetzen, wenn dafür keine dringende medizinische Notwendigkeit bestand. Außerdem waren bereits aufgenommene Patienten vorerst wieder zu entlassen, sofern deren nicht notwendige Behandlung noch nicht begonnen hatte. Die von dieser Verordnung betroffene klagende Klinik verlangte von ihrer Versicherung eine Entschädigung von rund 600.000 Euro.
Das LG wies die Klage ab. Zwar handele es sich bei COVID-19 um eine gefährliche Infektionskrankheit beziehungsweise bei SARS- CoV-2 um einen gefährlichen Krankheitserreger im Sinne der Versicherungsbedingungen. Die angeordnete Aussetzung nicht notwendiger Behandlungen durch die Hessische Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus habe aber nicht darauf abgezielt, die Verbreitung des Virus zu verhindern. Vielmehr sollten damit Behandlungskapazitäten für eine große Anzahl von COVID-19-Erkrankten geschaffen werden, die zu diesem Zeitpunkt noch für möglich gehalten wurden, betont das Gericht.
Das ergebe sich insbesondere aus der umfassend kommunizierten politischen Beschlusslage, die bei Erlass der Verordnung galt. Sowohl die Ministerpräsidenten der Länder als auch der Bundesgesundheitsminister hätten seinerzeit kundgetan, dass wegen eines erwarteten steigenden Bedarfs an Intensiv- und Beatmungskapazitäten ausreichende Intensivbetten in Kliniken vorzuhalten und zu diesem Zweck planbare Eingriffe zu verschieben seien. In Hessen habe jedenfalls die Fünfte Verordnung zur Bekämpfung des Corona-Virus klar darauf abgezielt, in diesem Sinne Behandlungskapazitäten in Krankenhäusern zu schaffen.
Dass mit der Einschränkung des Klinikbetriebes auch die Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus verhindert oder verlangsamt wurde, sei nicht maßgeblich. "Denn die damit einhergehende Einschränkung von Kontakten war nicht das Ziel, sondern nur ein reiner Reflex der Maßnahme zur Erhöhung der Behandlungskapazitäten", erläutert das LG.
Das Urteil kann mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 30.06.2023, 2-08 O 210/22, nicht rechtskräftig