12.07.2023
Fahrt durch Autowaschanlage: Beweislast für Schäden
Die Beweislast dafür, dass bei der Fahrt durch eine Autowaschanlage Schäden am Auto entstanden sind, liegt zunächst beim Geschädigten. Kann dieser seine Version des Schadenhergangs nicht beweisen, bleibt er auf dem Schaden sitzen. Dies zeigt ein vom Amtsgericht (AG) München entschiedener Fall.
Der Ehemann der Klägerin war mit dem Pkw seiner Frau in die von der Beklagten betriebene Autowaschanlage gefahren. Die tatsächlichen Schilderungen, was anschließend in der Waschstraße passierte, unterscheiden sich erheblich. Die Klägerin behauptet, in der Waschstraße habe ein Mitarbeiter der Beklagten die sich auf das Fahrzeug zubewegende Walze mit den Händen bis über die Dachhöhe des Fahrzeugs angehoben. Nachdem sich das Kfz weiterbewegt habe, habe der Mitarbeiter die Walze losgelassen. Es habe einen lauten Knall und spürbaren Ruck im Fahrzeug gegeben, die Walze sei ungebremst heruntergefallen, auf die Heckklappe geschlagen, nach oben abgeprallt und erneut auf die Heckklappe geschlagen.
Die Beklagte behauptete, der Ehemann der Klägerin sei nach der manuellen Vorreinigung in die Waschstraße eingefahren und habe dabei mindestens einen Mitnehmer der Schleppkette überfahren. Dann sei er gegen die abgesenkte Dachwalze gestoßen. Diese sei dann über die Motorhaube gegen die Frontscheibe und auf das Dach geschoben worden, nachdem das Fahrzeug weiter in die Waschstraße eingefahren sei. Der Fahrer sei angewiesen worden, rückwärts in die Ausgangsposition zu fahren. Zu diesem Zweck sei die sich bereits hinter dem Fahrzeug befindliche Dachwalze angehoben worden. Zu einem Kontakt der Walze mit dem Heck sei es nicht gekommen.
Das AG sah aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen im Ergebnis keine der vorgetragenen Schilderungen als erwiesen an und verneinte einen Schadenersatzanspruch der Klägerin. Nach Auffassung des Gerichts stand nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass der Pkw der Klägerin in der Waschstraße beschädigt wurde. Nach den Ausführungen des Gutachters, die nachvollziehbar, in sich widerspruchsfrei und fundiert gewesen seien und denen sich das Gericht auch aus eigener Überzeugung anschließe, seien alle Schilderungen des tatsächlichen Ablaufs nicht mit dem Schadensbild in Übereinstimmung zu bringen. Im Rahmen der gerichtlichen Überzeugungsbildung werde den Ausführungen des Gutachters, der weder im Lager der Klägerin noch in dem der Beklagten steht, besonderes Gewicht zuteil. Dies gelte insbesondere deswegen, weil nicht verkannt werden dürfe, dass der als Zeuge befragte Ehemann der Klägerin und Fahrzeugführer potentiell ein nicht unerhebliches eigenes Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnte.
Eine abweichende Würdigung sei auch nicht deswegen veranlasst, weil die Klägerin ihr Ehemann insofern übereinstimmend vortragen würden, der Kofferraum sei kurz zuvor unbeschädigt gewesen. Die Klägerin und ihr Mann seien überzeugt davon, dass sie beim Einladen der Einkäufe in den Kofferraum kurz vor dem Besuch der Waschstraße eine Beschädigung in diesem Bereich hätten wahrnehmen müssen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne indes auch eine signifikante Schadensstelle bei einem alltäglichen Ereignis wie dem Einladen eines Einkaufs übersehen werden. Die Heckklappe sei während des Einladevorgangs geöffnet und damit gerade dem Sichtbereich entzogen. Lediglich bei ihrem Öffnen und Schließen könnte man die Klappe betrachten. Öffnen und Schließen seien kurze und automatisierte Abläufe. Nach Einschätzung des AG erfolgen diese, gerade wenn es sich um ein gewohntes Auto handelt und man bereits instinktiv weiß, wo man hin greifen muss, automatisiert und damit gerade ohne bewusstes Betrachten der Heckklappe. Das Öffnen und Schließen der Heckklappe stelle daher gerade keinen typischen Geschehensablauf dar, der nach der Lebenserfahrung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit üblicherweise auf eine detaillierte Betrachtung der Heckklappe hinweist, sodass die besonderen individuellen Umstände an Bedeutung verlieren würden. Aus dem Vortrag ergebe sich daher gerade kein dahingehender Anscheinsbeweis, dass der Ehemann der Klägerin sicher mit einem unbeschädigten Pkw in die Waschstraße einfuhr. Die Klägerin habe mithin nicht den Beweis erbringen können, dass der Schaden in der Waschstraße verursacht wurde.
Amtsgericht München, Urteil vom 24.08.2022, 112 C 4716/18, rechtskräftig