26.06.2023
Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe: Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung so genannter Vorkosten
Ein aktuelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) dreht sich um die umsatzsteuerrechtliche Behandlung so genannter Vorkosten im Zusammenhang mit der Lieferung von Vieh an Schlachtbetriebe. Hintergrund ist ein Beschluss des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 11.01.2022 (XI R 12/20 (NV))
Danach nimmt ein Schlachthof die Tätigkeiten im Vorfeld des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs bei Anlieferung von Vieh im eigenen Interesse vor. Das bloße Weiterberechnen so genannter Vorkosten für diese Tätigkeiten an die Lieferanten der Tiere führe nicht zum Leistungsaustausch. Mit seinem Beschluss hat der BFH weiter entschieden, dass in dem Fall, in dem eine Erzeugergenossenschaft Lebensmittel von ihren Mitgliedern in ihrer Eigenschaft als Erzeuger ankauft und diese Lebensmittel in eigenem Namen und auf eigene Rechnung an Abnehmer weiterliefert, so genannte Marktgebühren, die die Erzeugergenossenschaft von dem an die Erzeuger zu zahlenden Kaufpreis abzieht, nicht als Entgelt für eine Vermarktungsleistung anzusehen seien.
Der BFH verneint eine dem Regelsteuersatz unterliegende Vermarktungsleistung der Erzeugerorganisation gegenüber den jeweiligen Landwirten damit, dass die Vermarktung der von ihr verkauften Erzeugnisse in eigenem Namen vor allem in ihrem eigenen Interesse liege. Infolge der Tätigkeit der Genossenschaft bei der zentralen Vermarktung sei davon auszugehen, dass diese für die Waren höhere Verkaufspreise erzielen kann.
Das BMF hat den BFH-Beschluss zum Anlass genommen, dem Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 01.10.2010 in Abschnitt 1.1 nach Absatz 25 folgenden Absatz 26 anzufügen: "1 So genannte Marktgebühren, die eine Erzeugerorganisation beim Ankauf von Lebensmitteln von ihren Mitgliedern für die Vermarktung der Lebensmittel erhebt, stellen kein Entgelt für eine sonstige Leistung der Erzeugerorganisation dar, sondern mindern die Bemessungsgrundlage der Lieferungen der Mitglieder an die Erzeugerorganisation, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Aufwendungen im eigenen Interesse der Erzeugerorganisation liegen (vgl. BFH-Beschluss vom 13.09.2022, XI R 8/20). 2 Ein Schlachthof, der beim Erwerb von zur Schlachtung bestimmten Tieren die im Rahmen der Schlachtung anfallenden Kosten (so genannte Vorkosten, zum Beispiel die Kosten für das Qualitätsmanagement einschließlich Kosten für den Veterinär, für die Prüfung der Betriebe der Kunden, für die Einhaltung der erhöhten Hygienevorschriften und die Kosten zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit der Tiere) vom Kaufpreis für das jeweilige Tier abzieht, erbringt ebenfalls keine sonstigen Leistungen an die Lieferanten der Tiere, wenn die diesen Kosten zugrundeliegenden Vorgänge auch im eigenen Interesse des Schlachthofs liegen. 3 Auch in diesem Fall liegt eine Minderung des Entgelts für die Lieferung der Tiere vor."
Die Grundsätze dieses Schreibens sind laut BMF in allen offenen Fällen anzuwenden. Für den Zeitraum bis zur Veröffentlichung dieses Schreibens werde es nicht beanstandet, wenn die Weiterberechnung der Vorkosten abweichend von Abschnitt 1.1 Absatz 26 UStAE behandelt worden ist.
Bundesfinanzministerium, Schreiben vom 20.06.2023, III C 2 - S 7200/19/10006 :001