22.06.2023
Fahrradfahrerin: Kein Schadenersatzanspruch wegen Teererhöhung
Das Landgericht (LG) Köln hat Schadenersatzansprüche einer Fahrradfahrerin, die über eine sich über die gesamte Fahrbahnbreite erstreckende Teererhöhung gestürzt ist, gegen den Straßenträger, hier die Stadt Wiehl, abgelehnt. Entsprechende Ansprüche seien mangels verkehrswidrigen Zustands, ausreichender Erkennbarkeit des Hindernisses und unangepasster Geschwindigkeit der Fahrradfahrerin ausgeschieden.
Die Klägerin befuhr mit ihrem Fahrrad kurz vor Mittag eine Straße auf dem Gemeindegebiet der Stadt Wiehl. Auf dieser Straße befindet sich eine etwa 30 Zentimeter breite und etwa zehn Zentimeter hohe Teererhöhung, die sich quer über die gesamte Fahrbahn zieht und der Ableitung von Oberflächenwasser dient. Die Klägerin erklärt, als sie über die Teererhöhung fuhr, sei ihre Fahrt abrupt abgebremst worden, sodass sie nach vorn über ihr Fahrrad gestürzt sei. Dabei habe sie sich erheblich verletzt. Sie habe die Teererhöhung aufgrund ihrer schwarzen Farbe und der ebenfalls schwarzen Fahrbahndecke der Straße nicht rechtzeitig erkennen können. Deswegen müsse ihr die Stadt als Straßenträgerin ein angemessenes Schmerzensgeld zahlen. Auch treffe die Stadt eine umfängliche Schadenersatzverpflichtung.
Das LG Köln hat den Antrag zurückgewiesen. Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus Amtshaftungsgrundsätzen. Die beklagte Stadt sei zwar als Trägerin der Straßenbaulast für den streitbefangenen Bereich verkehrssicherungspflichtig. Sie habe diese Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht verletzt. Im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht habe sie die Verkehrsteilnehmer vor den von der Straße ausgehenden und bei ihrer zweckgerechten Benutzung drohenden Gefahren zu schützen und dafür Sorge zu tragen, dass die Straße sich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinde, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulasse. Dies bedeute nicht, dass Straßen schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein müssten. Eine vollständige Gefahrlosigkeit könne mit zumutbaren Mitteln nicht erreicht werden. Der Benutzer müsse sich vielmehr den gegebenen Verhältnissen anpassen und die Straßen und Wege so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darböten.
Der Straßenverkehrssicherungspflichtige habe allerdings diejenigen Gefahren auszuräumen, die für einen sorgfältigen Benutzer der Straße nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag. Im Hinblick auf Radwege sei in der Rechtsprechung zudem anerkannt, dass insbesondere gefährliche Vertiefungen und sonstige Hindernisse, mit denen der sorgfältige Radfahrer nicht zu rechnen brauche, zu einer Haftung wegen Verkehrssicherungspflichtverletzung führen können.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liege hier indes kein verkehrswidriger Zustand vor, so das LG. Bereits auf dem von der Klägerin selbst eingereichten Lichtbild sei zu sehen, dass die Teererhöhung sich vom übrigen Bodenbelag deutlich unterscheide. Sie sei dunkler als der Asphalt des Weges. Ein aufmerksamer Radfahrer habe erkennen können, dass sich dort ein Hindernis befinde und auch ohne Hinweisschild sei die etwaige Gefahrenstelle bei Tageslicht ohne Weiteres wahrnehmbar gewesen.
Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass es sich überhaupt um eine Gefahrenstelle handele. Es habe kein Straßenschaden vorgelegen. Die Teererhöhung diene vielmehr der Ableitung von Oberflächenwasser. Die streitgegenständliche Straße sei auch kein Fahrradweg, sodass Fahrradfahrer nicht erwarten könnten, dass die Straße besonders für Fahrradfahrer hergerichtet sei. Fahrradfahrer müssten jederzeit mit Unebenheiten rechnen. Es handele sich auch lediglich um eine Bodenwelle, die bei reduzierter Geschwindigkeit von einem Fahrradfahrer gefahrlos überquert werden könne. Die Klägerin treffe darüber hinaus ein anspruchsausschließendes Mitverschulden, da sie ihre Geschwindigkeit nicht dem deutlich zu erkennenden Hindernis angepasst habe.
Landgericht Köln, Entscheidung vom 16.05.2023, 5 O 16/23, nicht rechtskräftig