19.06.2023
Braunkohlekraftwerk: Nur teilweise Steuerbefreiung des zum Betrieb verwendeten Stroms
Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf musste sich mit der Reichweite einer Stromsteuerbefreiung in einem Braunkohlekraftwerk auseinandersetzen. Es hat entschieden, dass nicht alle Stromentnahmen im Tagebau steuerbefreit sind.
Die Klägerin unterhielt diverse Kraftwerke zur Gewinnung von Rohstoffen sowie zur Erzeugung von Energie, insbesondere von Elektrizität. In ihren Tagebauen entnahm sie Strom, den sie im Wesentlichen für Grundwasserpumpen, Schaufelradbagger, Bandanlagen und zur Beleuchtung des Tagebaus verwendete. Die abgegrabene Braunkohle wurde im jeweiligen Tagebau mit Bandanlagen zum Tagebaubunker gebracht. Sodann wurde sie über Bandanlagen oder über betriebseigene Eisenbahnen, die von Elektrolokomotiven bewegt wurden, zum Kraftwerksbunker befördert und dort – teilweise auch in Fabriken – verkleinert und von Fremdteilen befreit. In den Kraftwerken wurde die Kohle im Anschluss durch diverse Techniken in Kohlekesseln zu Strom verwertet.
Das beklagte Hauptzollamt meint, dass die Stromentnahmen im Tagebau technisch nicht unmittelbar der Stromerzeugung dienten und damit nicht steuerbegünstigt seien. Der Stromerzeugung unmittelbar diene nur die Brennstoffversorgung, das heißt die Einbringung des Brennstoffs von der Kohlemühle in den Brenner des Kessels. Das treffe auch für die Entfernung von Aschen aus den Brennräumen zu.
Gegen den entsprechenden Steuerbescheid klagte die Klägerin. Der gesamte Strom, der für den Input des Stromerzeugungsvorgangs notwendig sei, müsse von der Stromsteuerbefreiung erfasst werden. Denn der Betrieb eines Braunkohlekraftwerks sei von der Kohlegewinnung bis zur Entsorgung von Abfallprodukten ein einheitlicher Prozess. Tagebau und Braunkohlekraftwerk bildeten eine dauerhafte wirtschaftliche und technische Stromerzeugungseinheit, die nicht künstlich in selbstständige Einzelbetriebe zerlegt werden könne.
Unter Berücksichtigung der von ihm zunächst eingeholten Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 09.03.2023 gab das FG der Klage teilweise statt. Die Steuerbefreiung setze demnach voraus, dass die Verwendung des elektrischen Stroms im Rahmen der Stromerzeugung erfolge, aber nicht zur Herstellung beziehungsweise Gewinnung eines Energieerzeugnisses wie Braunkohle. Damit seien Vorgänge wie ihre Förderung im Tagebau und ihr Transport zum Zwecke der Lagerung von der Steuerbefreiung ausgeschlossen.
Die Klägerin habe allerdings Anspruch auf die Stromsteuerbefreiung für sämtliche Stromentnahmen, die aufgrund der Förderung, des Transports von Rohbraunkohle und der entsprechenden Verwendungen innerhalb der Kraftwerksgelände durch Einsatz von Bekohlungsbaggern, Bekohlungsbändern und Kohlemühlen anfielen. Die Steuerbefreiung könne sich nämlich auf die an die Herstellung anschließende Umwandlung und Aufbereitung eines Energieerzeugnisses in Kraftwerken zum Zweck der Stromerzeugung erstrecken, wenn diese Vorgänge für den technologischen Prozess der Stromerzeugung unentbehrlich seien und hierzu unmittelbar beitrügen. Aus diesem Grund seien nicht nur Stromentnahmen in den Fabriken steuerbefreit, soweit die in die Bunker der Fabriken beförderte Braunkohle gebrochen, von Fremdteilen befreit und verkleinert werde, sondern auch der Strom, der zum Abtransport der Asche aus den Kraftwerken verwendet werde.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Beklagte hat gegen das Urteil eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die unter dem Aktenzeichen VII B 71/23 beim Bundesfinanzhof anhängig ist.
Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom19.04.2023, 4 K 3119/18 VSt, nicht rechtskräftig