13.06.2023
Weihnachtsfeier: Sexuelle Belästigung einer Kollegin rechtfertigt fristlose Kündigung
Auch auf einer betrieblichen Weihnachtsfeier gibt es keinen Freifahrtschein für sexuell belästigende Äußerungen gegenüber Kolleginnen. Es handelt sich um Verletzungen der vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gemäß § 7 Absatz 3 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), die eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich rechtfertigen können. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann dem Arbeitgeber unzumutbar sein. Dies hat das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn entschieden.
Der 32-jährige Kläger war bei seiner Arbeitgeberin, einer kleinen Firma mit sechs Mitarbeitern und einer Mitarbeiterin, seit 2019 beschäftigt. Auf der Weihnachtsfeier im Dezember 2022 sammelte die Kollegin des Klägers Geld für ein Geschenk ein. Nachdem der Kläger nicht passend zahlen und die Kollegin nicht wechseln konnte, sagte der Kläger der Kollegin im Beisein anderer Kollegen: "Wir können sie ja auf den Kopf stellen und die Geldkarte durch den Schlitz ziehen." Die Kollegin beschwerte sich noch am gleichen Abend beim Geschäftsführer. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger vier Tage später fristlos. Dessen Kündigungsschutzklage blieb erfolglos.
Das ArbG Elmshorn stellt klar, dass auch unerwünschte Bemerkungen sexuellen Inhalts eine sexuelle Belästigung und damit einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen können, wenn sie eine Verletzung der Würde der betreffenden Person bezwecken oder bewirken. Gleiches gelte auch für Beleidigungen unter Arbeitnehmern, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den Betroffenen bedeuten.
Das Verhalten des Klägers stelle danach eine sexuelle Belästigung dar und sei zudem schwer beleidigend. Mit der Äußerung werde die Kollegin auf derbste Art und Weise zum Objekt sexueller Anspielung herabgewürdigt. Sie werde mit einem Objekt gleichgestellt. Es handele sich nicht um eine bloße "Anzüglichkeit", sondern um eine besonders krasse Form der Herabwürdigung. Die Äußerung könne nur frauenfeindlich beziehungsweise sexistisch verstanden werden. Es entschuldige den Kläger nicht, dass er einen Scherz machen wollte. Eine Beleidigung und ein sexueller Übergriff würden nicht dadurch weniger intensiv, dass Kollegen darüber lachen. Im Gegenteil: Auch auf eine unmittelbare Reaktion der Kollegin sei es nicht angekommen. Es sei nicht erforderlich, dass diese sich zeitlich unmittelbar getroffen zeigt. Das Verhalten des Opfers könne die Schwere der Äußerung nicht relativieren.
Auch die Gesamtumstände der Weihnachtsfeier änderten nichts an der Bewertung, so das ArbG weiter. Selbst wenn dort Alkohol konsumiert wurde und eine gelöste Stimmung herrschte, mache dies die Äußerung des Klägers nicht weniger schlimm. Eine solche herabwürdigende, öffentliche Äußerung sei geeignet, das Ansehen der einzigen Kollegin unter den Kollegen und im Unternehmen unwiederbringlich zu schädigen, wenn die Arbeitgeberin darauf nicht mit der außerordentlichen Kündigung reagiert.
Eine vorherige Abmahnung hielt das ArbG für entbehrlich. Das Fehlverhalten des Klägers wiege so schwer, dass eine Hinnahme durch die Beklagte ausgeschlossen war. Dies habe dem Kläger auch erkennbar sein müssen. Er habe sich weder entschuldigt noch Reue gezeigt.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Es wurde beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung unter dem Aktenzeichen 6 Sa 71/23 eingelegt.
Arbeitsgericht Elmshorn, Entscheidung vom 26.04.2023, 3 Ca 1501 e/22, nicht rechtskräftig