07.06.2023
Löschung eines falschen Google-Eintrags
Wer einen Google-Eintrag löschen lassen will, weil dahinter falsche Behauptungen stehen, muss nachweisen, dass diese „offensichtlich unrichtig“ sind. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) zum Recht auf Vergessenwerden aus Art. 17 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entschieden. Wer nicht nachweisen kann, dass Informationen auf einer Website offensichtlich unrichtig sind, kann von Google auch nicht die Auslistung dieses Suchergebnisses verlangen (Urt. v. 23. Mai 2023, Az. VI ZR 476/18).
Mit diesem Urteil setzt der EuGH die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in die Praxis um. Dieser hatte Ende 2022 zu der Frage, wann man möglicherweise falsche Tatsachenbehauptungen aus den Suchergebnissen entfernen lassen kann, konkrete Vorgaben gemacht (Urt. v. 08.12.2022, Rs. C-460/20 - TU, RE gegen Google LLC).
Geklagt hatte ein Ehepaar, das Finanzdienstleistungen anbietet. Eine amerikanische Website hatte negativ über ihr Anlagemodell berichtet. Das Paar behauptete, diese Informationen seien falsch. Schließlich werde dem US-Webseiten-Betreiber umgekehrt vorgeworfen, bewusst Falschinformationen zu verbreiten, um anschließend seine Opfer zu erpressen. Dem Begehren des Paars, die Links zu den US-Fundstellen zu löschen, kam Google jedoch nicht nach. Die Begründung: Der Suchmaschinenbetreiber könne nicht beurteilen, ob an den Vorwürfen etwas dran sei. Außerdem verlangte Google, dass das Paar zuerst gerichtlich gegen den Websitebetreiber vorgehen müsse. Dies gestaltet sich im Ausland jedoch meist schwierig.
BGH setzt EuGH-Vorgaben um
Die Instanzgerichte und der BGH hatten Googles Auffassung zunächst bestätigt. Ende letzten Jahres entschied der EuGH dann aber auf Vorlage des BGH zur Auslegung von Art. 17 DSGVO: Wer die Auslistung von Suchergebnissen über sich verlangt, müsse nicht zuerst ein Urteil gegen die Urheber der „Fake News“ erstreiten. Stattdessen könne man direkt von Google die Auslistung des Inhalts aus den Suchergebnissen verlangen. Allerdings müssten Betroffene dann selbst auf anderem Weg nachweisen, dass die Informationen bzw. ein nicht unbedeutender Teil von ihnen „offensichtlich unrichtig“ sind. Die Suchmaschine selbst müsse bei der Wahrheitsrecherche zwar nicht behilflich sein. An die Nachweispflicht der Betroffenen dürften jedoch keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, sondern es dürften nur die Beweise verlangt werden, die „vernünftigerweise verlangt werden können“. Eine richterliche Entscheidung sei zwar zu Beweiszwecken nicht notwendig, führe aber umso mehr zur Löschpflicht.
Den Klägern im konkreten Verfahren half die nutzerfreundliche Auffassung des EuGH jedoch wenig: Der BGH sah die erforderlichen Nachweise nicht als erbracht an. Bei einem Artikel fehle es bereits an dem notwendigen Bezug zu der Person des Klägers. Hinsichtlich der beiden anderen Artikel hätten es die Kläger versäumt, gegenüber Google den ihnen obliegenden Nachweis zu führen, dass die dort enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind. Nähere Details zu den Anforderungen an diese Nachweispflicht lassen sich der bislang alleine vorliegenden Pressemitteilung des BGH nicht entnehmen.
Google-Bildersuche
In einem zweiten Teil des Verfahrens ging es um Vorschaubilder aus der Google-Bildersuche. Diese stammten aus einem Artikel und zeigten die Kläger unter anderem im Cabrio oder bei einem Hubschrauber-Flug – angeblich ein Beleg dafür, dass "Hintermänner und Initiatoren" in Luxus schwelgen würden. Die beiden Kläger hatten Google aufgefordert, im Rahmen einer Suche nach ihren Namen keine dieser Thumbnails von ihnen anzuzeigen. Allerdings wurde bei der Anzeige des Vorschaubildes der ursprüngliche Kontext der Veröffentlichung der Bilder nicht benannt und war auch im Übrigen nicht erkennbar. Die Google-Anwälte waren hingegen der Ansicht, die Motive seien höchstens dann zu löschen, wenn sie mit dem Link zu dem beanstandeten Artikel hinterlegt seien.
Hierzu hatte der EuGH betont, dass bereits die Anzeige der Bilder ein besonders starker Eingriff in die Rechte auf Schutz des Privatlebens und der personenbezogenen Daten sein könne. Google müsse daher prüfen, ob die Anzeige der Fotos erforderlich ist, damit die Internetnutzer das Recht auf freie Information wahrnehmen können. Allerdings müsse man unterscheiden zwischen den Fotos in ihrem ursprünglichen Kontext und reinen Vorschaubildern, die unabhängig von diesem angezeigt werden. Bei Letzteren müsse dem Informationswert unabhängig vom Kontext Rechnung getragen werden. Dabei sei aber jedes Textelement zu berücksichtigen, das mit der Anzeige dieser Fotos in den Suchergebnissen unmittelbar einhergehe und Aufschluss über den Informationswert dieser Fotos geben könne.
Diesbezüglich hatten die Kläger vor dem BGH nun Erfolg. Dieser hat Google zur Auslistung der Vorschaubilder in der beanstandeten Form verpflichtet. Eine Anzeige der für sich genommen nicht aussagekräftigen Fotos der Kläger als Vorschaubilder ohne jeden Kontext sei nicht gerechtfertigt gewesen.
Bundesrechtsanwaltskammer, Mitteilung vom 05.06.2023