22.05.2023
Lieferung und persönliche Übergabe militärischer Güter an russische Soldaten: Lässt an luftverkehrsrechtlicher Zuverlässigkeit zweifeln
Die Luftsicherheitsbehörde hat einem am Flughafen Köln/Bonn tätigen russischen Staatsbürger zu Recht die Zuverlässigkeitsfeststellung widerrufen, nachdem dieser militärische Güter in Deutschland beschafft und persönlich an russische Soldaten im Donbass geliefert hatte. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln entschieden und damit den Eilantrag des bei einem Paketdienst beschäftigten russischen Reserveoffiziers abgelehnt.
Der Antragsteller war seit vielen Jahren im sicherheitsrelevanten Bereich des Flughafens tätig. Die hierfür nach dem Luftsicherheitsgesetz erforderliche Zuverlässigkeitsfeststellung hatte er zuletzt 2019 erhalten. Nachdem die Bezirksregierung vom Arbeitgeber des Antragstellers darüber informiert worden war, dass dieser aufgrund seiner politischen Überzeugungen sowie seines privaten Engagements auffällig geworden und eine fortschreitende Radikalisierung erkennbar sei, widerrief sie die Zuverlässigkeitsfeststellung.
Der hiergegen gerichtete Eilantrag des Antragstellers hatte keinen Erfolg. Der Widerruf sei nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens offensichtlich rechtmäßig, so das VG. Zweifel an der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit ergäben sich schon daraus, dass der Antragsteller Geld- und Sachspenden gesammelt und diese jedenfalls in Teilen persönlich an im Donbass befindliche russische Soldaten und andere Personen, die dort gegen die Ukraine kämpfen, verteilt hat. Aufrufe in sozialen Netzwerken verwiesen auf die Spendenaktion des Antragstellers und auf dessen Konto.
Zwischen September und Dezember 2022 seien auch mehrere tausend Euro Bargeld zusammengekommen, mit denen militärische Güter wie Schutzwesten, Heizzelte, Nahrungsrationen sowie Radios und Rundfunksendegeräte beschafft wurden. Im September 2022 sei der Antragsteller in den Donbass gereist und habe dort russischen Soldaten neben Ausrüstungsgegenständen auch Briefe überreicht. Diese Umstände werden laut VG durch zahlreiche Bilder sowie Videos belegt, die auf den Plattformen YouTube und TikTok veröffentlicht wurden. Vor diesem Hintergrund stünden mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Antragsteller begangene strafrechtliche Verstöße gegen das Außenwirtschaftsgesetz im Raum. Ermittlungen gegen den Antragsteller liefen bereits.
Dessen Einwand, er sei am Flughafen nie negativ in Erscheinung getreten und sein Arbeitgeber habe seine Arbeit als gut bezeichnet, führe zu keinem anderen Ergebnis. Ein beanstandungsfreies Verhalten am Arbeitsplatz werde von jedem Arbeitnehmer verlangt. Ein besonderer Vertrauenstatbestand lasse sich daraus nicht ableiten. Auch das sonstige Verhalten des Antragstellers sei nicht geeignet, Zweifel an seiner Zuverlässigkeit zu beseitigen. Im Gegenteil weise er eine offenkundige Nähe zum russischen Staat auf. So habe er nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine etwa das russische Konsulat in Bonn bei einem offiziellen Termin in Militäruniform besucht und hierdurch Sympathie mit den russischen Streitkräften bekundet. Seine Einwände, er setze sich für eine Beendigung des Krieges ein und fürchte ein nukleares Inferno, stünden dabei im Widerspruch zu seinen Taten und seien ebenso wenig glaubhaft wie die weitere Behauptung, es liege eine aus der Ukraine inszenierte Pressekampagne gegen ihn vor. Das für die Annahme luftsicherheitsrechtlicher Zuverlässigkeit erforderliche Verantwortungsbewusstsein und die Selbstbeherrschung könne beim Antragsteller keinesfalls länger angenommen werden, so das VG. Es sei ernstlich anzunehmen, dass er auf Anweisung Dritter bereit wäre, seine Sicherheitsbefugnisse am Flughafen etwa für Interessen eines anderen Staates einzusetzen und seine dortige Stellung und die Befugnisse zu missbrauchen.
Gegen den Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde zu, über die das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen entscheiden würde.
Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 16.05.2023, 18 L 325/23, nicht rechtskräftig