17.05.2023
Hunde durften nicht mit an Bord: Flugreise zu Recht abgebrochen
Wer bei der Buchung einer Flugreise für das Reisebüro erkennbar ausdrücklich wünscht, dass seine beiden Hunde im Passagierraum mitfliegen können, muss die Flugkosten nicht tragen. Vielmehr bestehe ein Anspruch des Reisenden auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die abgebrochene Reise entstanden ist. Dies hat das Amtsgericht (AG) München entschieden.
Die Beklagte hatte ein Reisebüro mit der Vermittlung einer Flugreise über Silvester 2021 von München über Zürich nach Dubai für sich, ihre drei mitreisenden Familienmitglieder und ihre beiden Hunde zu einem Preis von insgesamt 3.743,20 Euro einschließlich Vermittlungsgebühr verpflichtet. Bei der Buchung teilte die Beklagte der Mitarbeiterin des klagenden Reisebüros mit, dass die Hunde während des Flugs im Passagierraum mitreisen sollten.
Den Beteiligten war nicht bekannt, dass nach den Vorschriften der International Air Transport Association (IATA) alle Haustiere, die nach Dubai reisen, als deklarierte Fracht transportiert werden müssen und weder im Passagierraum noch im Frachtraum des Passagierflugzeugs mitgenommen werden dürfen.
Am 30.12.2021 erschien die Beklagte mit ihrer Familie und den beiden Hunden am Flughafen München. Hier wurde ihnen von einer Dame am Schalter – ohne nähere Begründung – mitgeteilt, dass die Hunde ab Zürich nicht in der Kabine angemeldet seien. Die Beklagte trat den Flug bis Zürich dennoch an. Als sie und ihre Familie in Zürich zum Umstieg ankamen, wurden sie informiert, dass grundsätzlich keine Tiere in Passagiermaschinen auf dem Luftweg nach Dubai einreisen dürften. Die Beklagte brach daraufhin den Weiterflug von Zürich nach Dubai ab.
Das Reisebüro verlangte die Erstattung der Kosten für die vermittelten Flüge zuzüglich Vermittlungsgebühr in Höhe von insgesamt 3.743,20 Euro. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen und macht im Wege der Widerklage die Kosten von 194,88 Euro geltend, die ihr durch die abgebrochene Reise entstanden sind. Der Beklagten entstanden Kosten für einen Covid-19-Antigentest für die minderjährige Tochter am Flughafen Zürich und die Beförderung der Hunde zurück nach München.
Das AG München wies die Klage ab und gab der Widerklage vollumfänglich statt. Bei den vom Reisebüro verauslagten Kosten für die vier Flugtickets zuzüglich der Vermittlungsgebühr handele es sich um keine Aufwendungen, die das Büro zum Zweck der Ausführung des Auftrags den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so das Gericht unter Verweis auf § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das Reisebüro sei von der Beklagten damit beauftragt worden, Flüge für die Beklagte, ihre Familie und ihre zwei Hunde zu vermitteln, die es ermöglichen, dass die Tiere während der gesamten Flugreise im Passagierraum mitreisen können. Die Beklagte habe insofern glaubhaft dargelegt, dass die Reise der Hunde im Passagierraum überhaupt der entscheidende Grund war, weshalb sie die Flüge über das Reisebüro und nicht selbst über das Internet gebucht hat. Dies decke sich mit der Aussage der Mitarbeiterin des Reisebüros, wonach die Kabinenbeförderung der Hunde von Anfang an im Fokus gestanden habe. Das für die Beklagte bestimmende Motiv sei der Mitarbeiterin des Reisebüros daher bewusst gewesen, sodass der Auftrag sich nicht nur auf die Vermittlung von Flugtickets bezogen habe, sondern klar bestimmt gewesen sei von dem Sonderwunsch der Reise mit Tieren an Bord.
Nach sorgfältiger Prüfung der der Mitarbeiterin des Reisebüros bekannten Umstände hätte diese den Beförderungsvertrag mit dem Flugunternehmen nie abschließen beziehungsweise vermitteln und die Ticketpreise als Aufwendungen verauslagen dürfen, so das AG München weiter. Aus objektiver Sicht sei die Beförderung der Tiere im Passagierraum das leitende Motiv für die Buchung der Flugtickets. Gemäß den Vorschriften der IATA müssten jedoch alle Haustiere, die nach Dubai reisen, als deklarierte Fracht transportiert werden und dürften weder im Passagier- noch im Frachtraum des Passagierflugzeugs transportiert werden. Demzufolge hätte die Mitarbeiterin des Reisebüros zur Erfüllung des Auftragszwecks vor Buchung zweifelsfrei abklären müssen, dass die Beförderung der Tiere im Passagierraum zulässig und möglich ist.
Die Vorab-Erkundigung sei vor allem vor dem Hintergrund erforderlich gewesen, so das AG München, dass der Mitarbeiterin bereits bekannt gewesen sei, dass eine andere Airline gerade keine Tiere im Passagierraum transportiert. Als Mitarbeiterin eines Reisebüros, die täglich mit Fragen betreffend Einreisebestimmungen konfrontiert ist, hätte sie bereits dieser Umstand dazu veranlassen müssen, bei der Auswahl der Flüge besonderes Augenmerk auf die Zulässigkeit des Tiertransports an Bord in der Kabine zu legen und diesen Umstand zwingend vor Buchung abzuklären. Dies gelte umso mehr, als die Einbuchung der Tiere unstreitig erst nach Buchung der Flugtickets erfolgen konnte, das heißt zunächst 3.327,20 Euro verauslagt werden mussten, um die Hunde überhaupt einbuchen zu können. Da die Einreise mit Haustieren im Passagierraum nach Dubai von vornherein rechtlich unmöglich war und dies nicht im Vorfeld durch das Reisebüro abgeklärt wurde, sei die Verauslagung der Ticketpreise nicht geeignet, notwendig und in angemessenem Verhältnis zur Verfolgung des Auftragszwecks. Ein Aufwendungsersatzanspruch bestehe daher nicht.
Das Reisebüro habe Pflichten aus dem Reisevermittlungsvertrag verletzt (§ 280 Absatz 1 BGB), so das AG München zur Widerklage. Die Mitarbeiterin des Reisebüros habe ihre Aufklärungs- und Beratungspflicht dahingehend verletzt, dass sie vor Buchung der Flugreise nicht zweifelsfrei abgeklärt hat, ob Hunde auf allen Streckenabschnitten nach Dubai im Passagierraum erlaubt sind. Die Beklagte habe ihren Schaden nicht sehenden Auges und unter Verletzung ihrer Schadensminderungspflicht nach § 254 Absatz 1 BGB selbst veranlasst. Sie sei in München gerade nicht darüber aufgeklärt worden, dass die Hunde aus rechtlichen Gründen nicht mit im Passagierraum nach Dubai einreisen dürfen und damit die Flugreise von Anfang an, so wie gewünscht, nicht möglich war. Diese Information habe die Beklagte erst in Zürich am Schalter erhalten. Hätte sie diese Information bereits in München bekommen, hätte kein Anspruch auf Schadenersatz bestanden. So durfte sie sich auf die Information des Reisebüros verlassen, sodass keine Zweifel an der Kausalität und keine Anhaltspunkte für ein Mitverschulden der Beklagten bestehen.
Amtsgericht München, Urteil vom 02.05.2023, 114 C 8563/22