16.05.2023
Beschlagnahme eines Autos in Italien: Kann Kfz-Steuerpflicht beenden
Wird ein im Inland zugelassenes Fahrzeug, das aufgrund einer Beteiligung an einem Verkehrsunfall in Italien beschlagnahmt wurde, mehrere Monate später verschrottet, endet die Kfz-Steuerpflicht bereits zum Beschlagnahmezeitpunkt. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden.
Der Kläger unterhielt neben seinem inländischen Wohnsitz einen weiteren in Italien. Am 06.01.2020 war er mit seinem im Inland zugelassenen Kraftfahrzeug an einem Verkehrsunfall in Italien beteiligt. Im Zuge der Ermittlungen bezüglich des Unfalls beschlagnahmten die dortigen Polizisten das Fahrzeug und zogen den Führerschein des Klägers mit der Begründung ein, er habe das Fahrzeug aufgrund seines Wohnsitzes in Italien zulassen müssen. Ab diesem Zeitpunkt konnte der Kläger das Fahrzeug nicht mehr nutzen. Nachdem er in Erfahrung gebracht hatte, dass eine Ummeldung des Fahrzeugs in Italien mit erheblichen Kosten verbunden wäre, entschied er sich, das Kfz verschrotten zu lassen. Wegen der hierfür erforderlichen Genehmigung durch die italienischen Behörden kam es dazu erst am 20.06.2020. Erst danach wurden dem Kläger die Fahrzeugpapiere wieder ausgehändigt und er konnte das Fahrzeug zum 14.07.2020 bei der inländischen Zulassungsbehörde abmelden.
Unter Hinweis auf diesen Sachverhalt beantragte der Kläger beim Hauptzollamt das Ende der Steuerpflicht zum 06.01.2020. Das Hauptzollamt gewährte ein vom Abmeldungszeitpunkt abweichendes Ende der Steuerpflicht zum Zeitpunkt der Verschrottung am 20.06.2020 und setzte die Kfz-Steuer entsprechend fest. Ein früheres Ende könne nicht angenommen werden, da der Kläger die erhebliche Verzögerung selbst zu verantworten habe.
Die dagegen erhobene Klage hatte vollumfänglich Erfolg. Die Kfz-Steuerpflicht dauere grundsätzlich an, solange das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften zugelassen ist, also vorliegend am 14.07.2020, so das FG. Im Streitfall greife aber die Regelung des § 5 Absatz 4 Satz 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz, nach der für das Ende der Steuerpflicht ein früherer Zeitpunkt zugrunde gelegt werden kann, wenn der Steuerschuldner glaubhaft macht, das Kfz seit diesem Zeitpunkt nicht benutzt zu haben, und er die Abmeldung nicht schuldhaft verzögert hat.
Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Unfalls und der Beschlagnahme des Fahrzeugs am 06.01.2020. Unstreitig sei das Fahrzeug seit diesem Tag nicht mehr auf öffentlichen Straßen benutzt worden. Der Kläger habe auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass er die Abmeldung nicht schuldhaft verzögert habe. Die im Juli 2020 erfolgten Mitteilung an die inländische Zulassungsbehörde sei noch als unverzüglich anzusehen, da auch bei früherer Mitteilung eine Abmeldung ohne Vorlage der Kennzeichen und der Zulassungsbescheinigung Teil I sehr wahrscheinlich nicht vorgenommen worden wäre. Dies ergebe sich aus einer vom Gericht vorgenommenen Anfrage bei der Zulassungsbehörde.
Der Kläger habe alle Maßnahmen ergriffen, um ohne schuldhaftes Zögern eine Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs herbeizuführen, meint das FG. Nach dem Unfall sei ihm eine gewisse Zeit einzuräumen gewesen, die Rechtslage zu prüfen und Rechtsrat einzuholen. Der Umstand, dass sich der Unfall im Ausland ereignet hat, sei dabei zusätzlich zu berücksichtigen. Erschwerend sei hinzugekommen, dass ein direkter Kontakt mit den italienischen Behörden aufgrund der Covid-Pandemie deutlich eingeschränkt gewesen sei. Der Kläger habe auch davon ausgehen dürfen, dass die zum Fahrzeug gehörenden Kennzeichen von der Beschlagnahme umfasst gewesen seien, sodass er diese nicht habe entfernen und den deutschen Behörden zur für die Abmeldung erforderlichen Entstempelung habe vorlegen können. Grund für die Beschlagnahme sei gerade die unterlassene Anmeldung in Italien gewesen, sodass die Kennzeichen für dieses Verfahren ein Beweismittel dargestellt hätten. Da es auch der vom Kläger beauftragten italienischen Anwaltskanzlei nicht gelungen sei, das Verfahren zur Genehmigung der Verschrottung zu beschleunigen, habe die Verzögerung ganz überwiegend nicht im Einflussbereich des Klägers gestanden.
Finanzgericht Münster, Urteil vom 14.04.2023, 10 K 824/22 Kfz