09.05.2023
Ehemaliges AfD-Mitglied: Wegen Gebrauchs gefälschten Impfausweises zu Recht verurteilt
Das Landgericht (LG) Bielefeld hat ein ehemaliges AfD-Mitglied zu Recht wegen Gebrauchs unrichtiger Gesundheitszeugnisse verurteilt, nachdem dieses einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte, um an einer Kreistagssitzung teilnehmen zu können. Allerdings kritisierte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Strafzumessung des LG und hob das Urteil insoweit auf. Unter anderem habe das LG nicht einfach deswegen von einer Strafschärfung ausgehen dürfen, weil der Angeklagte als gewählter Volksvertreter eine Vorbildfunktion innegehabt habe.
Nach den Feststellungen des LG nahm der Angeklagte am 16.11.2021 als AfD-Mitglied an einer Sitzung des Ältestenrates des Gütersloher Kreistages teil. Dabei vertrat er ein verhindertes Mitglied dieses Gremiums. Bei der Überprüfung der Einhaltung der seinerzeit infolge der Coronaviruspandemie geltenden 3-G-Regelung legte er der Protokollführerin einen gefälschten Impfausweis vor, in dem zwei tatsächlich nicht erfolgte Impfungen eingetragen waren. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung wurde dieser Impfausweis bei ihm sichergestellt. Nach Bekanntwerden des Vorfalls in der Öffentlichkeit trat der Angeklagte von allen politischen Ämtern zurück und trat aus der Partei AfD aus.
Das Verhalten des Angeklagten hat das LG als Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse im Sinne des § 279 Strafgesetzbuch gewertet und den Angeklagten entsprechend verurteilt. Dies hat das OLG bestätigt. Der wegen der fehlenden Impfungen inhaltlich unrichtige Impfausweis sei ein Gesundheitszeugnis. Dieses habe der Angeklagte im Sinne des gesetzlichen Tatbestandes bei einer Behörde vorgelegt. Denn die vom Landrat zur Unterstützung in der Sitzung hinzugezogene Protokollführerin habe insoweit die Befugnisse des Landrates nach § 36 Kreisordnung Nordrhein-Westfalen wahrgenommen.
Auch seien die Erkenntnisse aus der Wohnungsdurchsuchung bei der Urteilsfindung verwertbar gewesen, da ein rechtmäßiger Durchsuchungsbeschluss vorlag, so das OLG. Insbesondere habe ein ausreichender Anfangsverdacht bestanden. Auch sei die Durchsuchung angesichts der im Einzelfall möglichen sehr ernsthaften gesundheitlichen Folgen für Dritte bei der Verwendung von unrichtigen Impfausweisen verhältnismäßig gewesen.
Aufgrund fehlerhafter Erwägungen zur Strafzumessung habe das OLG indes nicht ausschließen können, dass die Strafe zu hoch bemessen war. So dürfe dem Angeklagten insbesondere entgegen der vom LG vertretenen Auffassung nicht ohne Weiteres strafschärfend zur Last gelegt werden, dass er als gewählter Volksvertreter eine Vorbildfunktion innehabe. Auch lasse die vom LG bei der Strafzumessung gewählte Formulierungen zur fehlenden Reue des Angeklagten nicht sicher erkennen, ob das LG ihm dieses Fehlen eines Strafmilderungsgrundes in unzulässiger Weise sogar strafschärfend angelastet hat. Die verhängte Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 30 Euro und die hierzu getroffenen Feststellungen hat das OLG daher aufgehoben. Insoweit muss das Verfahren vor einer anderen kleinen Strafkammer des LG Bielefeld neu verhandelt werden.
Oberlandesgericht Hamm, PM vom 08.05.2023