18.04.2023
Bayerischer Verfassungsschutz: Darf bayerischen AfD-Landesverband vorerst beobachten
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) darf den bayerischen Landesverband der AfD vorläufig, also bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, auf Basis offen zugänglicher Informationen beobachten und aktuell auch die Öffentlichkeit hierüber informieren. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) München entschieden und dem Begehren des Landesverbandes auf Eilrechtsschutz eine Absage erteilt.
Für die Entscheidung wurde nach Angaben des Gerichts das vorgelegte, mehrere tausende Seiten umfassende Material ausgewertet. Nach aktuellem Erkenntnisstand erachte die zuständige Kammer die Beobachtung des Landesverbands durch das BayLfV für rechtmäßig. Aufgrund von Äußerungen von Mitgliedern der AfD lägen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor, nämlich die Menschenwürde von Muslimen und das Demokratieprinzip außer Geltung zu setzen. Die Äußerungen zeigten eine fortgesetzte Agitation gegen die Institutionen und Repräsentanten des Staates und gegen die demokratischen Parteien. Auch wenn die Äußerungen nur von einem Teil der Mitglieder stammten und nicht feststehe, dass sie die Meinung der gesamten Partei abbilden, seien sie jedenfalls Ausdruck eines parteiinternen Richtungsstreits. Dieser bilde die Grundlage für die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, durch die festgestellt werden könne, in welche Richtung sich die Partei letztlich bewege.
Angesichts des Gewichts der Anhaltspunkte und der Bedeutung einer informierten Öffentlichkeit für eine wehrhafte Demokratie habe auch über die Beobachtung informiert werden dürfen. Die vom bayerischen Landesverband der AfD gestellten Anträge auf Unterlassung der Beobachtung und Korrektur der bisherigen Öffentlichkeitsarbeit des Freistaats Bayern blieben laut VG deshalb vorläufig ohne Erfolg. Da bereits hinsichtlich der Menschenwürde und des Demokratieprinzips tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorlägen, bestand für das Gericht kein Anlass, sich mit dem innerhalb der Partei vertretenen Volksbegriff und dem etwaigen Vorliegen weiterer Anhaltspunkte sowie deren rechtlicher Bewertung durch das VG Köln (Urteil vom 08.03.2022, 13 K 326/21, noch nicht rechtskräftig) auseinanderzusetzen.
In dem seit 05.10.2022 beim VG München anhängigen Verfahren war am 25.10.2022 bereits eine Zwischenentscheidung ergangen. Hierdurch war dem BayLfV aufgrund einer Folgenabwägung unter anderem vorläufig untersagt worden, bei der Beobachtung nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen. Anders als noch zum Zeitpunkt dieser Zwischenentscheidung geht das Gericht derzeit unter anderem nach entsprechenden Einlassungen des Freistaats Bayern davon aus, dass der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nicht unmittelbar und mit hinreichender Bestimmtheit drohe, sodass über dessen Rechtmäßigkeit im nunmehrigen Beschluss inhaltlich nicht entschieden wurde.
Gegen den Beschluss kann die Antragstellerin Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. Wann eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren getroffen werden wird, lässt sich laut VG noch nicht prognostizieren.
Verwaltungsgericht München, Mit Beschluss vom 17.04.2023, M 30 E 22.4913, nicht rechtskräftig