18.04.2023
Präventives Klebeverb für Klima-Aktivistin: Muss hinreichend bestimmt sein
Das gegen eine Person ausgesprochene Verbot der Berliner Polizei, sich bei Protesten gegen die Klimapolitik auf Berliner Straßen festzukleben, ist nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin zu unbestimmt. Das Gericht bemängelte, dass der Geltungsbereich der Untersagung nicht hinreichend bestimmt aus dem Bescheid hervorgehe. Zur Rechtmäßigkeit des Bescheides im Übrigen machte es keine Ausführungen.
Anfang Dezember 2022 untersagte die Polizei Berlin der Antragstellerin, sich bis zum 01.06.2023 bei Versammlungen unter freiem Himmel im Stadtgebiet Berlins auf den Fahrbahnen und Sonderwegen zwischen den Bordsteinen der Straßen des übergeordneten Straßennetzes festzukleben, einzubetonieren oder in ähnlicher Weise dauerhaft mit der Fahrbahn zu verbinden sowie sich dort an andere Person oder Gegenstände festzukleben, anzuketten oder in ähnlicher Weise dauerhaft zu verbinden. Diese Verpflichtung stützte die Behörde zum einen auf das Berliner Versammlungsfreiheitsgesetz, zum anderen auf Allgemeine Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und ordnete jeweils die sofortige Vollziehung an. Für den Fall, dass die Antragstellerin den Untersagungen nicht Folge leiste, drohte die Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro an.
Zur Begründung führte die Polizei an, die Gruppierung "Letzte Generation" habe seit Anfang 2022 immer wieder Blockadeaktionen an verkehrswichtigen Kreuzungen und Autobahnzu- und abfahrten veranstaltet. Die Antragstellerin sei als Teilnehmerin bei zahlreichen dieser Aktionen polizeilich festgestellt worden. Deshalb seien eine Vielzahl von Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet worden. Ein derartiges Verhalten stelle einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit dar. Hierdurch werde die Allgemeinheit gefährdet, insbesondere wenn bei nicht angekündigten Maßnahmen Rettungstransporte infolge der Blockaden behindert würden.
Die Antragstellerin begehrte erfolgreich Eilrechtsschutz. Der Bescheid sei inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, konstatierte das VG Berlin. Die Adressatin könne ihm nicht hinreichend sicher entnehmen, was von ihr verlangt werde. Die Verfügung nehme hinsichtlich des Bereichs, für den die Untersagung gelten solle, Bezug auf "die Straßen des übergeordneten Straßennetzes (Bestand 2021, als Anlage zum Bescheid beigefügt) ". Der sehr stark verkleinerten Anlage sei aber nicht zu entnehmen, welche Straßen im Einzelnen hiervon erfasst werden sollen. Soweit der Antragsgegner ergänzend auf einen Link zur Online-Seite der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz verweise, finde sich dort keine solche Karte. Stattdessen sei dort nur die Karte "Übergeordnetes Straßennetz, Bestand 2023" hinterlegt. Das VG Berlin führt zudem an, es sei ohne weiteres möglich gewesen, dem Bescheid eine vergrößerte und lesbare Version dieser Karte (Bestand 2021) als Papierausdruck beizufügen, um so dessen hinreichende Bestimmtheit sicherzustellen.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg erhoben werden.
Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 14.04.2023, VG 1 L 40/23, nicht rechtskräftig