17.04.2023
Wegzugsbesteuerung: Merkmal "lediglich vorübergehender Abwesenheit" setzt keine "Rückkehrabsicht" voraus
Das zum Entfallen der so genannten Wegzugsbesteuerung führende Merkmal der "nur vorübergehenden Abwesenheit" in § 6 Absatz 3 Satz 1 Außensteuergesetz (AStG) ist unabhängig von einer "Rückkehrabsicht" erfüllt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.
Er tritt damit einer in der Finanzverwaltung und Teilen der Literatur vertretenen Ansicht im Sinne einer "subjektiven Theorie" entgegen, wonach für das Merkmal der "nur vorübergehenden Abwesenheit" beim Wegzug der Wille des Steuerpflichtigen zur Rückkehr und damit der Wille, wieder unbeschränkt steuerpflichtig zu werden, bestehen muss.
Der Gesetzeswortlaut gebe hierfür nichts her, so der BFH. Denn der Gesetzestext führe erst in der Sondersituation des § 6 Absatz 3 Satz 2 AStG (einzelfallbezogene Verlängerung der Rückausnahmemöglichkeit bei Glaubhaftmachung, dass "(s)eine Absicht zur Rückkehr unverändert fortbesteht") im Zusammenhang mit der begünstigenden Ausweitung der Belastungsausnahme eine solche Rückkehrabsicht ausdrücklich an. Dabei sei der Rückschluss, dass eine solche Absicht schon im Augenblick des Wegzugs (und damit auch für die Situation des Satzes1) bestehen muss (Hinweis auf den Terminus "unverändert"), nicht ausreichend belastbar, da in Satz2 ein Zeitbezug nur für den Verlängerungszeitraum hergestellt sei. Danach könne der Rückkehrwille durchaus auch im Laufe des ersten Fünf-Jahres-Zeitraums gebildet worden sein. Jedenfalls, so der BFH, lege der Formulierungsunterschied die Interpretation nahe, dass der Umstand der tatsächlichen (zeitgerechten) Rückkehr in der Grundsituation des Satzes 1 das Entfallen der Belastung (die "Begünstigung") auslöst und damit das Beruhen der Rückkehr auf einer ursprünglich bestehenden Rückkehrabsicht indiziert.
Bundesfinanzhof, vom 21.12.2022, I R 55/19