17.04.2023
Ausländische Steuerberatungsgesellschaften: Deutsche Anforderungen an geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen mit EU-Recht vereinbar
Die im Steuerberatungsgesetz (StBerG) geregelten Anforderungen an die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen durch eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Steuerberatungsgesellschaft verstoßen nicht gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit. Dies hat das Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein entschieden.
Die Klägerin, eine nach dem Recht des Vereinigten Königreichs gegründete Limited mit Sitz in den Niederlanden, trat gegenüber dem beklagten Finanzamt in Besteuerungsverfahren als Bevollmächtigte auf und reichte für ihre Mandantin Steuererklärungen ein. Der Beklagte wies die Klägerin als Bevollmächtigte zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab. Nachdem die Klägerin für ihre Mandantin erneut eine Steuererklärung beim Beklagten eingereicht hatte, erließ dieser einen weiteren Zurückweisungsbescheid. Die Klägerin leiste geschäftsmäßig Hilfeleistung in Steuersachen, ohne dazu gemäß § 5 StBerG befugt zu sein.
Die Klägerin klagte gegen den Zurückweisungsbescheid und machte geltend, sie sei zur umfassenden geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Die in den Niederlanden erworbenen Berufsqualifikationen seien zu berücksichtigen, da sich die Berufsausübungsbefugnis nach dem Recht am Ort der Niederlassung richte. § 3a StBerG sei im Streitfall nicht anwendbar, da die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen nicht im Anwendungsbereich des StBerG, sondern grenzüberschreitend von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbringe. Die Berufsvorbehalte des Steuerberatungsgesetzes verstießen zudem gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit.
Das FG wies die Klage ab. Der von der Klägerin geltend gemachte Verstoß der Berufsvorbehalte des StBerG gegen das Unionsrecht könne allenfalls zur Rechtswidrigkeit des Zurückweisungsbescheids, nicht aber zu dessen Nichtigkeit führen, da insoweit kein schwerwiegender Fehler vorliege. Die vom Beklagten vorgenommene Zurückweisung sah das FG als rechtmäßig an, da der Klägerin keine Befugnis zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen aus § 3a StBerG zugestanden habe. Diese habe weder eine Meldung nach § 3a Absatz 2 Satz 1 StBerG bei der zuständigen Steuerberaterkammer Düsseldorf vorgenommen noch hinreichend substantiiert vorgetragen, dass der für sie handelnde gesetzliche Vertreter den Beruf des Steuerberaters in den Niederlanden während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens ein Jahr lang ausgeübt hat. Die Berufserfahrung aus einer im Inland ausgeübten steuerberatenden Tätigkeit reiche hierfür auch dann nicht aus, wenn die Tätigkeit grenzüberschreitend vom Sitz in den Niederlanden gegenüber im Inland steuerpflichtigen Personen erbracht wird. § 3a StBerG sei aufgrund der ausdrücklichen Regelung in Absatz 1 Satz 5 auch auf eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit anwendbar.
Die Zurückweisung der Klägerin verstoße auch nicht gegen EU-Recht. Irrelevant sei, ob die Klägerin die Hilfeleistung in Steuersachen vom Sitz ihrer inländischen Zustellbevollmächtigten oder von ihrem Sitz in den Niederlanden aus erbracht hat. Sofern die Hilfeleistung von einer eigenen Zweigniederlassung der Klägerin am Sitz ihrer Zustellbevollmächtigten erfolgte, unterliege sie im Rahmen der Niederlassungsfreiheit den Anforderungen des § 3 StBerG über die Zulassung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen. Diese Anforderungen seien im Streitfall nicht erfüllt, da die Klägerin nicht gemäß § 32 Absatz 3 Satz 1 StBerG als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt sei. Bei Fehlen einer festen Niederlassung unterliege die Klägerin mit der vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen der Dienstleistungsfreiheit.
Die Anforderungen des § 3a StBerG für eine derartige grenzüberschreitende Tätigkeit verstießen indes nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die in § 3a Absatz 2 StBerG geregelten Melde- und Nachweiserfordernisse führten zwar zu einer Beschränkung der grenzüberschreitenden Hilfeleistung vom Sitz der Klägerin in den Niederlanden aus, seien aber durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die vor erstmaliger beziehungsweise erneuter Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen zu erstattende Meldung unter Nachweis der Berufsqualifikation diene der Verhinderung der Steuerhinterziehung und dem Verbraucherschutz, da sie der Steuerberaterkammer die Überprüfung der im anderen Mitgliedstaat erworbenen Berufsqualifikation ermöglicht. Die Meldepflicht gehe dabei nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Schutzzwecks erforderlich ist. Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 07.12.2022, 2 K 211/21